Was genau verbirgt sich hinter dem neuen Kompetenzzentrum für Bienen und welche Aufgaben hat es?

PETRA HASLGRÜBLER: Das Bienenzentrum ist einerseits eine Wissen- und Informationsdrehscheibe und andererseits eine Vernetzungsstelle.

THERESA FRÜHWIRTH: Wir sind nicht nur für die Bienen da, sondern vernetzen Naturschutz, Imkerei, Landwirtschaft, Biodiversität, Wissenschaft und Bildung. Bei uns läuft das ganze Wissen dieser Querschnittsmaterie zusammen.

Welche Ziele werden damit verfolgt und wie sollen diese erreicht werden?

HASLGRÜBLER: Unsere drei Eckpfeiler sind Bienen, Biodiversität und Bildung. Wir betreiben Bewusstseinsbildung, um Biodiversität als gesellschaftliches An­liegen zu verankern und damit die Nah­rungsgrundlage für Bienen und blütenbestäubende Insekten zu fördern.

FRÜHWIRTH: Für heuer haben wir mit der Blühstreifenaktion und dem Wildblumenwiesen-Lehrgang bereits zwei große Projekte gestartet.

 

Oberösterreich gilt mit circa 7300 Imkern und knapp 81.000 Bienenvölkern als das bundesweite Bienenland Nummer Eins. Warum ist das Land ob der Enns so ein guter Nährboden für Bienen?

HASLGRÜBLER: Oberösterreich ist ein ackerbaustarkes Bundesland. Sowohl klimatisch als auch morphologisch gesehen gibt es hier die besten Voraussetzungen.

Die Imker begrüßen jedes Jahr eine Vielzahl von Neumitgliedern – worauf ist dieses steigende Interesse zurückzuführen?

FRÜHWIRTH: Die Imkerei war früher männerdominiert und wird immer weiblicher. Ich merke zudem, dass sich immer mehr junge Leute dafür interessieren. Der Trend geht Richtung Regionalität, ökologisches Bewusstsein und Eigenproduktion. Bienenhaltung trifft einfach den Sinn der Zeit. Man tut etwas, aber ist dabei flexibel.

Findet das sogenannte „Bienensterben“ aktuell wirklich statt?

HASLGRÜBLER: Das Thema ist sehr komplex. Fakt ist, es gibt einen defini­tiven Biomasseverlust und Biodiversitätsschwund bei Insekten. Dieser ist nicht nur auf die Intensivierung der Landwirtschaft, sondern auch auf den Einsatz vom Rasenroboter im Hausgarten zurückzuführen. Jeder Einzelne, aber auch der Klimawandel und eine Vielzahl an Schädlingen tragen dazu bei.

Quelle: Biene Österreich
Anzahl der Bienenvölker in Österreich von 1990 bis 2016

Der Großteil der Schuld daran wird aber oftmals der Landwirtschaft zugeschrieben – berechtigt oder nicht?

FRÜHWIRTH: Nein. Bienenverluste hat es immer schon gegeben. Es ist ein Zusammenspiel ganz vieler Fakto­ren. Diese wirken auf die Vitalität und Gesundheit der Bienen ein. Irgendwann kippt das System und genau das gilt es eben zu verhindern.

Wie kann das Bienenzentrum zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen?

HASLGRÜBLER: Es handelt sich dabei um ein sehr emotionales Thema.  Dazu haben wir eine Veranstaltungsreihe gegründet. Gemeinsam mit Pflanzenschutzexperten der Landwirtschaftskammer bringen wir Imker und Landwirte an einen Tisch. Damit wollen wir Aufklärungsarbeit leisten. Wir erklären dabei den Landwirten wie die Honigbiene funktioniert und was sie alles braucht. Der Pflanzenschutzexperte erklärt den Imkern, dass nicht jedes Spritzmittel, das ausgebracht wird, auch bienengefährlich ist. Hier gibt es einen großen Handlungsbedarf und dafür braucht es eben einen gegenseitigen Dialog. Ortbauernschaften und Imkervereine, die Interesse daran haben, können sich jederzeit gerne an uns wenden.

Welcher Faktor bedroht die Biene am stärksten?

FRÜHWIRTH: Die Imker haben am meisten mit der Varroamilbe zu kämpfen. Das ist mit Abstand der größte Sterbegrund. Das bestätigt auch der Landesverband für Bienenzucht.

Mit dem sogenannten Lithiumchlorid soll es ein neues Wundermittel gegen die Varroamilbe geben?

HASLGRÜBLER: Lithiumchlorid ist praktisch in jeder Apotheke erhältlich und verspricht den Durchbruch im Kampf gegen den gefährlichen Bienen-Parasiten. Erste Forschungsergebnisse zeigen, dass es die Varroamilben abtötet. Derzeit gibt es jedoch auch noch große Bedenken, dass es auch auf die Bienenbrut einwirkt. Deshalb raten wir davon ab, dieses Mittel vor der Zulassung einzusetzen.

Die Varroamilbe ist der Hauptfaktor für das Bienensterben. – Foto: fotolia – Vera Kuttelvaserova

Mit dem „kleinen Beutenkäfer“ ist auch ein neuer Schädling im Anflug. Wie groß ist die Gefahr?

FRÜHWIRTH: Beim kleinen Beutenkäfer handelt es sich um einen meldepflichtigen Schädling, der bereits in Südtalien aktiv ist. Er vermehrt sich extrem schnell im Bienenstock und befällt rasch auch Nachbarvölker. Aktu­ell weiß man noch nicht, wie am besten damit umgegangen wird.

Wie kann jeder Einzelne den Bienen auf die Sprünge helfen?

FRÜHWIRTH: Jeder kann einen Beitrag dazu leisten. Es braucht nicht nur eine große Nahrungsinsel, sondern viele kleine.

HASLGRÜBLER: Der Wohnungsbesitzer kann auf seinem Balkon ein Blumenkisterl mit einer Bienenweide anlegen. Zudem ist der Pestizideinsatz vor allem in den Hausgärten relativ hoch.

Was fasziniert euch persönlich an Bienen?

FRÜHWIRTH: Ich bin mit Bienen quasi aufgewachsen und mittlerweile selber Imkerin. Ich wollte schon immer etwas produzieren. Die Arbeit mit Bienen entspannt mich einfach.

HASLGRÜBLER: Durch mein Studium und die Arbeit an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein habe ich mich der Biodiversität verschrieben. Bienen und Blumen brauchen einander und bilden eine wichtige Symbiose. Von daher ergänzen wir beide uns auch perfekt.

Ziel der Blühstreifenaktion ist es, für „kilometerlanges Blühen“ zu sorgen. – Foto: HBLFA Raumberg-gumpenstein/Krautzer

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  • Bienenzentrum OOE LKOÖ: LK OÖ/Stitz
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AUTORThomas Mursch-Edlmayr
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