Die oberen Blattetagen gesund erhalten

Fungizidanwendungen in Getreide wollen angesichts der Preissituation auf den Märkten wohl überlegt sein. In mehrjährigen Versuchen der Ages wurden die möglichen Ertragseffekte ergründet.

Winterweizen - zeigt heuer oftmals nichtparasitäre Blattflecken. Dies ist keine Pilzkrankheit sondern eine Reaktion auf Witterungsstress (Aufnahme 5. Mai 2016). ©Oberforster
Winterweizen – zeigt heuer oftmals nichtparasitäre Blattflecken. Dies ist keine Pilzkrankheit sondern eine Reaktion auf Witterungsstress (Aufnahme 5. Mai 2016). ©Oberforster
Derzeit präsentieren sich die Getreidebestände überwiegend positiv. Günstige Säbedingungen im Herbst und Frühjahr, ein milder Winter und ausreichende Niederschläge in den meisten Gebieten trugen dazu bei. Allerdings haben Fröste von -2 bis -4 °C am 28., 29. und 30. April örtlich die Ährenspitzen von Wintergerste und Roggen beeinträchtigt.
Auch manche Schadpilze profitierten vom milden Winterwetter und der Feuchte. Jetzt geht es darum, die oberen zwei bis drei Blattetagen und die Ähre möglichst lange gesund zu halten. Ob ein Fungizideinsatz wirtschaftlich ist, wird von den Ertrags- und Qualitätseffekten, dem Getreidepreis sowie den Mittel- und Ausbringungskosten bestimmt.
Eine sachgerechte Entscheidung für oder gegen einen Fungizideinsatz beruht auf folgenden Grundlagen:
• aktuelle Befallssituation,
• wetterbedingte Wahrscheinlichkeit von Infektionen,
• kleinklimatische Verhältnisse,
• Sorteneigenschaften (www.baes.gv.at/de/pflanzensorten/oesterreichische-beschreibende-sortenliste/),
• Warnmeldungen (www.warndienst.at/),
• Versuchsergebnisse und
• eigene Erfahrungen.

Bei Winterroggen auf Braunrost achten

Wintertriticale - Unregelmäßig geformte Blattflecken aufgrund von Rhynchosporium. Die Krankheit braucht längere Phasen mit Blattnässe und ist heuer öfter zu sehen. ©Oberforster
Wintertriticale – Unregelmäßig geformte Blattflecken aufgrund von Rhynchosporium. Die Krankheit braucht längere Phasen mit Blattnässe und ist heuer öfter zu sehen. ©Oberforster
Im Mühl- und Waldviertel steht der Roggen derzeit am Beginn des Ährenschiebens, in den Tieflagen ist dies schon geschehen. In Ostösterreich finden sich an den älteren Blättern vereinzelt Braunrostpusteln, die Krankheit könnte den Roggen heuer stärker schädigen. Für Bestände mit hoher Ertragserwartung eignen sich Fungizide mit langer Wirkungsdauer wie Adexar, Aviator Xpro, Input Xpro, Seguris oder Zantara und Strobilurin-Azol-Kombinationen wie Amistar Opti in Kombination mit Gladio, Seguris Opti oder Variano Xpro. Kann man bis zum Blühbeginn zuwarten, dann sind reduzierte Aufwandmengen oder Azole wie Ampera, Folicur, Mystic 250 EW, Orius, Osiris, Pronto Plus, Prosaro oder Rubric möglich.
Versuchsergebnisse von 2010 bis 2015 – Die Anwendung eines Azol- bzw. Carboxamidfungizids sicherte im sechsjährigen Mittel einen Mehrertrag von 10,9 dt/ha Ertrag in der pannonischen Region, 7,3 dt/ha im Mühl- und Waldviertel sowie 10,4 dt/ha in Kärnten und war damit überwiegend wirtschaftlich.

Triticale nicht mehr so gesund

Sommergerste - Die Ramularia-Sprenkelkrankheit beschleunigt die Abreife der Blätter. Fungizide sollten vorbeugend zum Einsatz kommen, da sie kaum heilend wirken. ©Oberforster
Sommergerste – Die Ramularia-Sprenkelkrankheit beschleunigt die Abreife der Blätter. Fungizide sollten vorbeugend zum Einsatz kommen, da sie kaum heilend wirken. ©Oberforster
Triticale verhält sich gegenüber Krankheiten nicht mehr so robust wie in den 1990er Jahren. Auf schwächeren Böden oder bei Trockenheit während des Schossens lohnt sich ein Fungizid aber nicht immer. Dichte Bestände von Cosinus, Elpaso, Mungis, Triamant und Trimmer weisen in Ostösterreich und im Alpenvorland mehr Mehltau auf. Von Gelbrost sind Cosinus, Elpaso, Kaulos und Trimmer gelegentlich stärker betroffen. Bei Agostino und Elpaso ist auf Rhynchosporium-Blattflecken zu achten.
Für eine Einmalbehandlung ab dem voll entfalteten Fahnenblatt (BBCH 39) empfehlen sich Carboxamid- oder Strobilurinkombinationen bzw. bei geringerem Krankheitsdruck auch Azole. Liegen oberflächlich Ernterückstände von Mais und regnet es zur Blütezeit, so besteht die Gefahr von Ährenfusariosen. Bei Triticale verfügen nur Osiris, Don-Q und Zantara über die entsprechende Indikation.
Versuchsergebnisse von 2010 bis 2015 – Ein in der späten Schossphase bis zum Ährenschieben eingesetztes breit wirksames Azol-, Strobilurin- oder Carboxamidfungizid brachte im Alpenvorland und Waldviertel ein Ertragsplus von durchschnittlich 10,3 bis 11,6 dt/ha.

Weizen in Ostösterreich meist weniger gefährdet

Winterweizen - Die orangegelben Sporenlager (Pusteln) des Gelbrostes sind 0,5 bis 1 mm lang und streifenförmig angeordnet (Aufnahme 5. Mai 2016). ©Oberforster
Winterweizen – Die orangegelben Sporenlager (Pusteln) des Gelbrostes sind 0,5 bis 1 mm lang und streifenförmig angeordnet (Aufnahme 5. Mai 2016). ©Oberforster
In Ostösterreich sind bei Weizen Mehltau, Gelbrost, Blattseptoria und DTR-Blattdürre zu beobachten. Tendenziell sind die Bestände weniger belastet als im Alpenvorland. Bei günstiger Fruchtfolge, gesunden Sorten, nicht zu frühem Anbau und niederschlagsärmeren Bedingungen erübrigt sich öfters ein Fungizid. Ansonsten wird die einmalige Behandlung zwischen Fahnenblattstadium und Blüte meist ausreichen.
Die Dinkelsorten sowie die Qualitätsweizen Adesso, Albertus, Antonius, Arnold, Astardo, Ehogold, Laurenzio, Lukullus, Midas etc. sind auf Gelbrost zu kontrollieren. Die Krankheit ist nicht so bedeutsam wie in den beiden letzten Jahren, manche Betriebe melden dennoch Probleme.
Mit Azolen wie Ampera, Avoca Super, Caddy 200 EC, Folicur, Magnello, Mystic 250 EW, Orius, Osiris, Pronto Plus, Prosaro, Rubric oder Tebu Super 250 EW lässt sich der Gelbrost effektiv stoppen. Bei Vorfrucht Weizen ist insbesondere in feuchten Jahren mit DTR-Blattdürre zu rechnen. Unter solchen Voraussetzungen hat sich die zeitige Anwendung einer Carboxamid-Azol-Kombination wie Adexar, Aviator Xpro, Input Xpro oder Seguris bzw. eines Strobilurinfungizids bewährt.
Versuchsergebnisse von 2010 bis 2015 – Bei einem angenommenen Weizenpreis von 142 bis 172 Euro/t (exkl. MwSt.) hat sich das gegen Abreifepilze eingesetzte Fungizid nicht immer rentiert. Im Durchschnitt wurde ein Mehrertrag von 5,3 dt/ha (Strobilurin- bzw. Carboxamidvariante) bzw. 4,6 dt/ha (Azolvariante) gesichert.

In Feuchtlagen dominiert oft die Septoria-Blattdürre

Winterweizen - Wechselfeuchte Witterung mit Tauphasen im Mai und Juni fördert die Ausbreitung des Braunrostes. Früher Befall bedeutet meist größere Ertragseinbußen. ©Oberfosrter
Winterweizen – Wechselfeuchte Witterung mit Tauphasen im Mai und Juni fördert die Ausbreitung des Braunrostes. Früher Befall bedeutet meist größere Ertragseinbußen. ©Oberfosrter
In den Feuchtlagen, vor allem im mittleren und westlichen Alpenvorland, ist die Fungizidstrategie bei Weizen an der von Septoria tritici verursachten Blattdürre auszurichten. In der regnerischen Periode vom 2. bis 5. Mai dürften die Blattetagen F-2 und F-1 infiziert worden sein.
Bei einer Einfachstrategie wird das Fungizid zwischen spitzendem bzw. voll ausgebildetem Fahnenblatt (BBCH 37/39) und beginnendem Ährenschieben (BBCH 51) angewandt. Weil die Fungizide nur begrenzt heilend wirken, ist eine infektionsnahe Behandlung wesentlich. Carboxamide (Adexar, Aviator Xpro, Input Xpro, Seguris) und strobilurinhaltige Kombinationen wie Amistar Opti in Kombination mit Gladio, Seguris Opti, Variano Xpro und der Welldone Pack sind den reinen Azolen mehrheitlich überlegen. Gelbrost und weitere Blattkrankheiten werden dabei miterfasst. Eine Doppelbehandlung kann zweckmäßig sein in Beständen mit frühzeitig hohem Krankheitsdruck und wenn zusätzlich eine Behandlung gegen Ährenfusarium geplant ist. Es kommen die Fungizide wie bei der Einmalbehandlung infrage, jedoch mit verminderter Aufwandmenge. Die Abschlussspritzung gegen Fusariosen erfolgt zur Blütezeit; hier bieten sich Ampera, Folicur, Mystic 250 EW, Magnello, Osiris, Pronto Plus, Pronto Plus in Kombination mit Don-Q, Prosaro, Soleil, Tebu Super 250 EW und Zantara an.
Versuchsergebnisse von 2010 bis 2015 – Die Anwendung breit wirksamer Strobilurin- bzw. Carboxamidfungizide (teilweise Vorlage eines Azols) sicherte im östlichen Alpenvorland im Mittel 15,5 dt/ha an Ertrag, in Oberösterreich waren es 17,9 dt/ha, in der Oststeiermark 6,1 dt/ha und in Kärnten lediglich 2,5 dt/ha.

Ramularia gebietsweise bei Sommergerste

Winterweizen - Die Septoria tritici-Blattdürre tritt v. a. in feuchteren Lagen auf. Erst ca. drei Wochen nach der Infektion zeigen sich Nekrosen mit schwarzen Fruchtkörpern. ©Oberforster
Winterweizen – Die Septoria tritici-Blattdürre tritt v. a. in feuchteren Lagen auf. Erst ca. drei Wochen nach der Infektion zeigen sich Nekrosen mit schwarzen Fruchtkörpern. ©Oberforster
Bei den Futtergersten Calcule, Eunova, Evelina, Vienna und Wilma ist auf Mehltau zu achten. Abreifekrankheiten schädigen in der pannonischen Region zumeist weniger als in den Feuchtlagen. Da Zwergrost bei der Wintergerste vorkommt, könnte in der Folge auch die Sommergerste betroffen sein. Zur Behandlung genügen im Allgemeinen Azole wie Ampera, Gladio, Mystic 250 EW, Orius, Pronto Plus, Prosaro, Rubric bzw. auch Zantara. Sollte es in den nächsten Wochen wenig regnen, wird ein Fungizidverzicht öfter richtig sein. In den Feucht- und Übergangslagen steht Ramularia (Sprenkelkrankheit) im Fokus. Hier ist eine Spritzung zwischen dem Fahnenblattstadium (BBCH 37) und dem beginnenden Ährenschieben (BBCH 51) meistens wirtschaftlich. Spätere Anwendungen versprechen weniger Erfolg, weil die Grannen viel Wirksubstanz von den Blättern fernhalten.
Erste Wahl gegen Ramularia sind Carboxamide (Adexar, Aviator Xpro, Bontima, Input Xpro, Seguris) und Strobilurinkombinationen wie Amistar Opti in Kombination mit Gladio, Seguris Opti oder Variano Xpro. In Bayern sind Resistenzen nachgewiesen, deshalb empfiehlt sich beim Einsatz von Carboxamiden und Variano Xpro die Zumischung des Kontaktmittels Chlorthalonil (Balear 720 SC).
Versuchsergebnisse von 2010 bis 2015 – In Ostösterreich brachten Strobilurin- bzw. Carboxamidfungizide mittlere Ertragseffekte von nur 3,8 bis 4,9 dt/ha. Im Alpenvorland waren die Effekte mit durchschnittlich 10,1 dt/ha am höchsten. Im Mühlviertel, Waldviertel und der Steiermark sicherte das Fungizid 8,7 dt/ha, in Kärnten waren es 6,9 dt/ha.

Michael Oberforster,
Martin Plank, AGES Wien

Durum Empfindlich für Fusarium

Winterweizen - fortgeschrittener Befall mit DTR-Blattdürre. Die zunächst punktförmigen Verbräunungen mit gelbem Hof fließen später zusammen, die Blätter werden dürr. ©Oberforster
Winterweizen – fortgeschrittener Befall mit DTR-Blattdürre. Die zunächst punktförmigen Verbräunungen mit gelbem Hof fließen später zusammen, die Blätter werden dürr. ©Oberforster
Bei Winterdurum musste teilweise ein Fungizid gegen Mehltau vorgelegt werden; auch Sommerdurum zeigt seit Ende April zunehmend Mehltaupusteln. Vielfach wird ein Fungizid (z. B. Vegas, Gladio, Pronto Plus) bei der Unkrautbekämpfung beigemischt oder wegen der besseren Terminierung auch separat ausgebracht. Auf Infektionen mit Fusariumpilzen reagieren sämtliche Sorten sensibel. Stärkere Niederschläge in der Blühphase verursachen auch bei unkritischen Vorfrüchten meistens einen deutlichen Befall. Ampera, Folicur, Osiris, Pronto Plus, Prosaro, Tebu Super 250 EW und Zantara etc. sind bei Durumweizen gegen Ährenfusarium anerkannt. Eine Anwendung zur Blüte, einen Tag vor bis zwei Tage nach einem Regen, lässt eine relativ gute Wirkung erwarten.Versuchsergebnisse von 2010 bis 2015 Bei erhöhtem Befallsdruck (insbesondere durch DTR-Blattdürre) brachte das Abreifefungizid in den Versuchen ein Ertragsplus von 8,6 dt/ha. Sind hauptsächlich Mehltau und Blattseptoria vorhanden, dann konnten kaum mehr als 2 bis 5 dt/ha gesichert werden.

Sommerdurum - Zwei bis drei Wochen nach der Infektion mit Ährenfusarium werden ausgebleichte Ährenteile sichtbar. Ertragsverluste und Toxinbelastung sind die Folgen. ©Oberforster
Sommerdurum – Zwei bis drei Wochen nach der Infektion mit Ährenfusarium werden ausgebleichte Ährenteile sichtbar. Ertragsverluste und Toxinbelastung sind die Folgen. ©Oberforster

Winterweizen im Trockengebiet

Ertragseffekte durch Bekämpfung von Abreifekrankheiten mit einem Strobilurin- bzw. Carboxamidfungizid und einem Azolfungizid (jeweils einmalige Anwendung, 27 Versuche von 2010 bis 2015, Mittel aus drei Sorten mit geringer bis mittlerer Anfälligkeit für Gelbrost). ©Grafik: AGES/Oberforster
Ertragseffekte durch Bekämpfung von Abreifekrankheiten mit einem Strobilurin- bzw. Carboxamidfungizid und einem Azolfungizid (jeweils einmalige Anwendung, 27 Versuche von 2010 bis 2015, Mittel aus drei Sorten mit geringer bis mittlerer Anfälligkeit für Gelbrost). ©Grafik: AGES/Oberforster

Winterweizen in Feuchtlagen

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