EU: Mehrheit der EU-Staaten stimmt für Bioverordnung, Österreich dagegen

Österreich dagegen - Rupprechter: Hoher bürokratischer Aufwand

Die Bedenken zur neuen EU-Bioverordnung reichen von zu hohem bürokratischen Aufwand bis hin zu fehlenden Obergrenzen für die biologische Hühnerhaltung. Foto: agrarfoto.com

Die EU-Mitgliedstaaten stimmten Anfang dieser Woche im Sonderausschuss Landwirtschaft mehrheitlich für die Reform der EU-Bioverordnung. Die Neuerungen sollen Anfang 2021 in Kraft treten und die mittlerweile nicht mehr zeitgemäßen Regelungen in diesem Bereich ersetzen. Die Kommissionsvorschläge waren aber innerhalb der Union sehr umstritten. Österreich votierte am Montag gemeinsam mit fünf anderen Ländern gegen die Reformpläne. “Wir haben dagegen gestimmt, weil unsere Bedenken weiterhin nicht ausgeräumt wurden. Hier geht es vor allem um den bürokratischen Aufwand, den diese Verordnung mit sich bringt. Wir wollen weniger und nicht mehr Bürokratie für die Landwirte. Ebenso bleiben die Bedenken rund um die Grenzwerte und Ungleichbehandlungen im gemeinsamen EU-Markt bestehen”, hieß es dazu aus dem Ressort von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter. Man habe sich in diesen Fragen eng mit Bio Austria und den Biobauern sowie dem Gesundheitsressort abgestimmt.

Drei Jahre haben sich die Verhandlungen um die EU-Bioverordnung hingezogen. Selbst nach der Einigung im Trilog im Frühjahr endeten die Auseinandersetzungen nicht. Gestern am Montag stimmten die EU-Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit für die Reform der Verordnung. Nur Deutschland, Belgien, und Ungarn enthielten sich der Stimme. Österreich, Tschechien, die Slowakische Republik, Finnland, Zypern und Litauen votierten dagegen.

EU-Agrarkommissar Phil Hogan lobte die Reform. Er hob vor allem die verbesserten Regeln für die Einfuhr von Bioerzeugnissen hervor, die für Vertrauen der Verbraucher auf dem wachsenden Ökomarkt sorgen sollen. Von einzelnen Bioverbänden wurde die Lockerung des heutigen Kontrollregimes für heimische Erzeuger kritisiert. Zudem werden Biobauern stärker in die Verantwortung genommen, was den Eintrag von Pflanzenschutzmitteln aus Nachbarbetrieben angeht, was in der Ökobranche als unfair angesehen wird. Schließlich vermissen einige auch Obergrenzen für die biologische Hühnerhaltung und sehen der Massentierhaltung im Sektor Tür und Tor geöffnet. mö/kam/AIZ

Auch der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments stimmt für neue Verordnung

Im Agrarausschuss des Europäischen Parlaments wurde dann am Mittwoch über die neue EU-Bio-Verordnung abgestimmt. Das Ergebnis laut Verein Arche Noah: 29 Stimmen dafür, elf Stimmen dagegen und vier Enthaltungen. „Wir begrüßen das positive Urteil des Agrarausschusses“, freut sich Christian Schrefel, Obmann des Verein Arche Noah, der sich für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kulturpflanzenvielfalt einsetzt. Die Verordnung, die am 1. Jänner 2021 in Kraft treten soll, müsse noch noch auf Ministerebene im Rat Landwirtschaft sowie im Plenum des Europäischen Parlaments beschlossen werden. Mit dem 11. Dezember stehe der Termin für die Abstimmung im Rat bereits fest.



Stellungnahme der Bio Austria, des Netzwerks der österreichischen Biobäuerinnen und Biobauern, zu der Abstimmung im Sonderausschuss am Montag

Bio Austria-Obfrau Gertraud Grabmann: “Das äußerst knappe Abstimmungsergebnis zeigt die nach wie vor bestehenden großen Meinungsunterschiede innerhalb der Mitgliedsstaaten auf. Der Mehrwert zur aktuell gültigen Bio-Verordnung hält sich in engen Grenzen, wichtige Entscheidungen werden lediglich aufgeschoben und der aktuelle Gesetzesentwurf ist voller Inkonsistenzen. Damit bleibt das Ergebnis der fast vierjährigen Verhandlungen deutlich hinter den selbst gesteckten Zielen der EU-Kommission zurück.”

Immerhin ist es – auch durch den maßgeblichen Einsatz Österreichs – gelungen, dem ursprünglichen, völlig untauglichen Entwurf der EU-Kommission die Giftzähne zu ziehen. “Österreichs Vertreter/innen, die zuständigen Ministerien, haben sich stets für einen praxistauglichen Text im Interesse einer bestmöglichen Weiterentwicklung der gesamten Bio-Branche eingesetzt“, betont Grabmann.

Nun wird es notwendig sein, möglichst viele der zahlreichen im Text enthaltenen Inkonsistenzen mittels Durchführungsbestimmungen und durch Klarstellungen und Korrekturen im Rahmen der Umsetzung zu beheben. “Dabei muss das Ziel sein, eine möglichst hohe Funktionsfähigkeit der Verordnung in der Praxis zu gewährleisten. Die über 22.000 Biobäuerinnen und Biobauern in Österreich und die vielen hunderttausenden in Europa sind darauf angewiesen. Sie und die zahlreichen Bio-Verarbeiter und -Händler benötigen Rechtssicherheit und ein gutes, umsetzbares EU-Bio-Recht, um ökologisch nachhaltige Lebensmittel produzieren und ihre zahlreichen gesellschaftlichen Leistungen für den Erhalt und den Ausbau der Biodiversität, sauberes Wasser und Klimaschutz erbringen zu können“, so Grabmann abschließend.

 

 

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21. November 2017