Mehr Sicherheit beim Bohren

Die Handbohrmaschine ist ein Gerät, welches das ganze Jahr über zum Einsatz kommt. Trotz dieses "Übungsfaktors" passieren häufig Unfälle, welche teils zu schweren Verletzungen führen. Durch sichere Geräte wird diese Gefahr reduziert.

Ob einfache oder teure Bohrmaschine: Ein gut gewartetes Gerät funktioniert besser und ist auch sicherer. ©Wodicka
Ob einfache oder teure Bohrmaschine: Ein gut gewartetes Gerät funktioniert besser und ist auch sicherer. ©Wodicka
Die gesetzlichen Vorgaben zur sicherheitstechnischen Kons­truktion der Handbohrmaschine sind nationale, EU-basierte und internationale Richtlinien und Normen (Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Norm DIN EN ISO 4254-1 und EN 60745-2-1).
Bei Handbohrmaschinen müssen gemäß Maschinenrichtlinie und Normen folgende Kennzeichnung und Aufkleber vorhanden sein:
CE-Kennzeichnung,
Warnhinweis zum Lesen der Betriebsanleitung.

Unfallsituationen mit der Handbohrmaschine

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Im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts (IKA) hat das Institut für Landtechnik an der Universität für Bodenkultur Unfälle mit Handbohrmaschinen untersucht und technische Maßnahmen zu deren Vermeidung identifiziert. Mit Handbohrmaschinen verunglücken nach diesen Erhebungen vorwiegend die Betriebsführer selbst, gefolgt von Kindern der Betriebsführer. Die Unfälle ereignen sich zum Großteil in Hofgebäuden und im Hofbereich bei Montage- und Reparaturarbeiten, beim Bohren selbst, Wechseln des Bohrers und der Schrauben sowie bei Reinigungs- und Umbauarbeiten.
Die häufigsten Unfallfolgen sind Wunden, Frakturen, Mehrfachverletzungen, Sehnenrisse und Amputationen. Die Verletzungen treten überwiegend an den oberen Extremitäten sowie am Kopfbereich auf.
Typische Unfallhergänge stellen das Erfasstwerden von der Maschine und der Zusammenstoß mit ihr dar. Die Unfallursachen sind überwiegend mensch- (z. B. Verhängen mit Handschuh, Abrutschen, aus der Hand gleiten, Lösen der abgelegten Maschine, Unachtsamkeit) und maschinenbedingt (Verkeilen des Bohrers, Bruch der Schraube, Rückschlag).
Verschärfende Faktoren sind die schwere Handhabung der Maschine durch die Bauweise, das Nichtverwenden des Zusatzhaltegriffs, die Größe der Maschine, der schwierige Bohrgegenstand, physische Beeinträchtigungen, falsche Bedienung sowie nachteilige Unfallumgebungen.

Erfasstwerden: die wichtigsten Ursachen

Durch das Verfangen mit dem Handschuh bei Reparatur- und Montagearbeiten sowie beim Wechseln des Bohrers werden Personen von der Maschine erfasst. Hierzu kommt es auch durch das Verkeilen des Bohrers bei Montage-, Bohr- und Reparaturarbeiten. Zudem besteht die Gefahr des Rückschlags der Maschine.
Bei allen analysierten Unfallmaschinen sind sicherheitstechnische Vorkehrungen gegen das zufällige Berühren von aktiven Teilen (z. B. Antriebsorganen) vollständig (bis auf die Arbeitswerkzeuge mit Bohrköpfen) vorhanden. Diese Teile sind so angeordnet oder umschlossen, dass bei sachgemäßem Gebrauch ausreichend Schutz besteht, um Verletzungen zu vermeiden. Die Schutzeinrichtungen weisen auch ausreichende mechanische Festigkeit auf. Die Arbeitswerkzeuge der Unfallbohrmaschinen (Bohrköpfe) sowie Teile, die während des Gebrauchs berührt werden dürfen, sind bei 85,7 Prozent der Unfallmaschinen so ausgeführt, dass bei Gebrauch keine Gefahr (zum Beispiel durch Hängenbleiben) gegeben ist. Nur eine Unfallmaschine hat einen Bohrkopf, bei welchem ein Spanfutterschlüssel einsetzbar ist. Alle sind mit isolierten Handgriffen gegen einen eventuell auftretenden Stromschlag beim Durchbohren von Stromkabel und -leitungen geschützt.

Wie das Unfallrisiko vermindert wird

Um Unfällen durch das Erfasstwerden von laufenden Maschinenteilen durch Verfangen mit dem Handschuh sowie beim Wechseln und Verkeilen des Bohrers bei Montage-, Bohr- und Reparaturarbeiten entgegenzuwirken, existieren rechtliche Vorgaben. Aus der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (Punkt 2.2) und der DIN EN ISO 60745-1-(Punkt 19) geht hervor, dass sämtliche Arbeitselemente einschließlich der Zubehörteile so zu sichern sind, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Gefährdungen verursachen. Es sind Teile, die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch berührt werden können, frei von scharfen Kanten, Graten und ähnlichen störenden Teilen zu halten.
Das Zahnkranz-Bohrfutter wird mit einem speziellen Bohrfutterschlüssel bedient. Nicht selten kommt es bei der Anwendung zu ernsthaften Verletzungen. Schnellspann-Bohrfutter lassen sich hingegen mühelos von Hand schließen und öffnen und arbeiten mit hohen Spannkräften.
Gegen das Erfasstwerden von rotierenden Maschinenteilen ist bei gebrauchten Maschinen der Austausch von Bohrköpfen (Bohrfutter) mit Zahnkränzen auf Schnellspannbohrköpfe zu veranlassen. Sachgemäße Arbeitsweise und der Einsatz von richtigen Arbeitsmaterialien (Bohrer) sind zu forcieren. Die optimale Wartung der Bohrer durch den Einsatz einer Bohrschleifmaschine beugt Unfällen, die durch stumpfe Bohrer ausgelöst werden, vor.
Bei neuen Bohrmaschinen kommen, je nach Hersteller, unterschiedliche Bohrköpfe (Futter) zum Einsatz. Beim Kauf einer neuen Maschine ist ein Schnellspann-Bohrfutter bevorzugt zu wählen, um das obig aufgezeigte Unfallrisiko zu minimieren. Als weitere Sicherheitseinrichtung sind bei neuen Bohrmaschinen Rutschkupplungen zu wählen, welche bei Überlast ausgelöst werden. Zur Vermeidung des Erfasstwerdens von der Maschine ist das Tragen von eng anliegender Arbeitskleidung zu forcieren. Die Verwendung einer Schutzbrille und von Atemschutz beugt Verletzungen der Augen- und Atemwege vor.

Zusammenstoß: Ursachen und deren Vermeidung

Der Zusammenstoß mit der Maschine ergibt sich durch Abrutschen bei Reparatur-, Bohr- und Montagearbeiten. Das Gleiten der Bohrmaschine aus der Hand passiert bei Montage- und Reparaturarbeiten. Weitere Zusammenstöße mit der Maschine resultieren durch den Bruch der Schraube beim Schrauben, das Herunterfallen der abgelegten Maschine bei Reinigungsarbeiten sowie Unachtsamkeit und Verkeilen des Bohrers bei Montagearbeiten.
Die Grifffläche im Bereich des hinteren Handgriffs weist bei allen untersuchten Unfallmaschinen eine ausreichende Fläche auf, ebenso ist diese stabil genug gebaut, um den mechanischen Kräften und rauer Behandlung Stand zu halten. Alle analysierten Unfallmaschinen haben eindeutig erkennbare Vorrichtungen für an-/abnehmbare Zusatzhaltegriffe im vorderen Bereich. Sie sind aber nur teilweise genügend fest montiert (siehe Infokasten).
In der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (Punkt 2.2.1) und der EN 60745-1 (Punkt 8.0) ist angeführt, dass bei einem Bruch des Werkstücks oder eines der Zubehörteile oder der Maschine selbst, Teile mit hoher Geschwindigkeit he­rausgeschleudert werden können. Um hierbei einen Zusammenstoß mit Körperteilen zu vermeiden, sind bei Einsatz der Maschine die Hände der Bediener vor diesen Gefährdungen, wie Schnitten, Abschürfungen und Wärme, durch das Tragen von eng anliegenden Handschuhen zu schützen. Weite Handschuhe stellen jedoch ein Sicherheitsrisiko dar und sollten keinesfalls verwendet werden, da die Gefahr des Verfangens in beweglichen Teilen gegeben ist. Um dieser Gefahr zu entgegnen, empfehlen manche Präventionsexperten, beim Bohren keine Handschuhe zu tragen.
Der Bediener soll auch physisch in der Lage sein, Größe, Gewicht und Leistung der Maschine zu handhaben. Ein sicherer Stand sowie das Halten des Körpers im Gleichgewicht wirken laut DIN EN ISO 11148-3 ergänzend unfallvermeidend.
Zur Vermeidung des Zusammenstoßes mit der Maschine durch Abrutschen am Werkstück sind spezielle Bohrhilfen (Bohrschablonen) zur sicheren Arbeitsgestaltung sinnvoll. Der Einsatz von universellen Schneidölen (für Metalle) bedingt bessere Bohreigenschaften.
Zur Vermeidung des Zusammenstoßes, der sich durch das Verkeilen des Bohrers ergibt, ist das Verwenden des richtigen Bohrers gemäß Bohrgegenstand anzustreben. Es besteht die Möglichkeit, mit speziellem Bohrschleifgerät die Schärfe des Bohrers wieder herzustellen und dadurch den Zusammenstoß mit der Maschine durch Verkeilen besser zu verhindern.
Gegen den Zusammenstoß mit der Maschine, weil die Bohrmaschine schlecht abgelegt wurde, wirken die Verwendung eines Bohrmaschinenhalters am Gürtel sowie die optimale Gestaltung des Arbeitsplatzes.

Zusatzhaltegriff: Oft nur mangelhaft befestigt

Zusatzhaltegriffe sind gemäß Evaluierungsergebnissen der Unfallmaschinen nur bei 71,4 Prozent montiert, wobei nur bei 40 Prozent die Möglichkeit besteht, diese sachgemäß mit ausreichender Festigkeit an den Maschinen zu befestigen. Alle Betätigungsknöpfe und Hebel sind an den Maschinen so platziert, dass sie bei Montage oder Demontage des Zusatzhaltegriffs nicht unabsichtlich aktiviert werden können. Gemäß DIN EN ISO 4254-1 ist eine Gefährdung am Arbeitsplatz auch durch das Rutschigwerden der Oberflächen der Maschine bei häufigem Gebrauch gegeben. Dieser Gefahrenquelle ist bei gebrauchten Maschinen, je nach Hersteller und Fabrikat, durch Nachrüsten von neuen Zusatzhaltegriffen entgegenzuwirken. Bei Fabrikaten mit Zusatzhaltegriffen von mangelhafter Stabilität und Festigkeit sind Zusatzhaltegriffe besserer Qualität zu adjustieren. Das gilt auch für Neumaschinen.

Assoc. Prof. Dr. Elisabeth Quendler, Dipl.-Ing. Katharina Trieb und Dr. Robert Kogler
Universität für Bodenkultur

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