Pflanzenschutz im Mais 2016

Der Wegfall des Wirkstoffes Topremazone als Maisherbizid erfordert neue Strategien beim Resistenzmanagement. Gedanken und Überlegungen für einen erfolgreichen Pflanzenschutz bei Mais.

Bis zum Sechsblattstadium des Maises sollte die Herbizidbehandlung abgeschlossen sein. ©Agrarfoto.com
Bis zum Sechsblattstadium des Maises sollte die Herbizidbehandlung abgeschlossen sein. ©Agrarfoto.com
Neue Produktnamen, aber keine neuen Wirkstoffe – dieses Szenario bestimmt bereits seit mehreren Jahren das Angebot bei den Maisherbiziden. Abgesehen von einem “wiederauferstandenen” Wirkstoff (siehe unten) gilt dieser Befund auch für die Saison 2016. Wurde an dieser Stelle im Vorjahr noch die Anzahl der gut wirksamen Wirkstoffe hervorgehoben, so ist diesmal ein schmerzhafter Verlust zu vermelden. Denn die Zulassung des Wirkstoffs Topramezone ist ausgelaufen und wurde bisher nicht erneuert.

Topremazone bis 30. April im Abverkauf

Topramezone ist Bestandteil der Produkte Clio Star und Clio Super. In der Praxis geläufiger sind die Handelsnamen der Kombipackungen, in denen Topramezone enthalten ist, wie Clio Maxx, Kelvin Star-Pack und Kukuruz-Pack. Diese Mittel (bezogen auf Clio Star und Clio Super) dürfen von den Handelsstufen noch bis 30. April 2016 verkauft und vom Landwirt dann noch bis 30. April 2017 angewendet werden. Der Termin im nächsten Jahr ist aber ein eher theoretischer, da bei einem “normalen Saisonverlauf” der Einsatz der Topramezone-Produkte vor Ende April noch viel zu früh ist (in einigen Regionen wird der Mais zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht angebaut sein).Schmerzhaft ist der Verlust von Topramezone deswegen, weil er eine Lücke beim gezielten Resistenzmanagement hinterlässt, und zwar insbesondere in der HRAC-Gruppe F2 (siehe Tabelle 1). Wie ist nun mit den verbleibenden Wirkstoffen umzugehen? Als Landwirt könnte man sagen: “Gruppe B ist hoch resistenzgefährdet, ich verzichte darauf und beschränke mich in der Herbizidauswahl ausschließlich auf die anderen HRAC-Gruppen.” Diese Idee klingt gut, sie ist aber nicht immer durchführbar. Dies gilt insbesondere in folgenden Fällen:• Stärkeres Auftreten von Flughafer (Avenua fatua), • Quecke (Agropyron repens) als Leitunkraut.• Bekämpfung der Glattblättrigen Hirse (Panicum laevifolium) im Nachauflauf, beispielsweise wenn Vorauflaufanwendungen aufgrund der Abschwemmungsgefahr in Hanglagen vermieden werden sollen. Fazit – die Wirkstoffe der HRAC-Gruppe B bleiben ein wichtiger Bestandteil in der Maisunkrautbekämpfung. Sie sollten aber gezielt dort zum Einsatz kommen, wo man sie wirklich benötigt. Wichtig für ein erfolgreiches Resistenzmanagement ist weiters, dass man fruchtfolgeübergreifend denkt. Denn wesentliche Produkte und Wirkstoffe der Getreideherbizide gehören ebenfalls der HRAC-Gruppe B an. In den Wechsel der Gruppen sind also Mais- und Getreideherbizide gleichermaßen einzubeziehen. Achtung, bei einem übertriebenen Einsatz von Produkten der Gruppe B im Mais könnten mögliche Resistenzen der Unkräuter auch in den Getreidebau verschleppt werden – sollte dies passieren, dann kann man nur sagen: “Gute Nacht Unkrautbehandlung Getreide”.

Im Getreidebau Mittel der HRAC-Gruppe K nutzen

Eine sinnvolle Strategie gegen Resistenzen besteht im Einsatz von Mitteln der HRAC-Gruppe K im Getreide. Zwar handelt es sich dabei hauptsächlich um Bodenherbizide, aber auch Unkräuter bis max. zum Zweiblattstadium werden in der Regel gut miterfasst. Grundsätzlich sollten in einer guten Resistenzvorbeugung immer Mittel aus mehrerer HRAC-Gruppen zur Anwendung kommen. Als Ersatz für den Wirkstoff Topramezone forcieren einige Firmen den Wirkstoff Mesotrione. Dieser gehört ebenfalls HRAC-Gruppe F2 an. Vom fachlichen Standpunkt her ist er jedoch nicht eins zu eins mit Topramezone oder mit Tembotrione vergleichbar – aus folgenden Gründen:
• Hirsewirkung – vor Jahren gab es einmal den witzigen Werbeslogan “hirst du noch oder maist Du schon?” Gemeint war damit, ob man noch schauen muss, welche Hirsearten auf dem jeweiligen Feld vorherrschen, oder ob man “einfach drauf los behandeln” kann. Beim Wirkstoff Mesotrione muss man wieder beginnen, zu “hirsen”. Hühnerhirse (Echinochloa crus-galli) wird bis zum Dreiblattstadium sehr gut bekämpft. Finger- (Blut)hirse (Digitaria sanguinalis) ist im frühen Stadium einigermaßen gut beherrschbar, aber Borstenhirsen (Setaria-Arten) sind bei Mesotrione schon fast eine Wirkungslücke.
• Flughaferwirkung – Mesotrione hat keine Wirkung auf Flughafer
• Distelwirkung – diese ist bei Mesotrione leicht schwächer einzustufen als bei Topramezone oder Tembotrione. Der Registrierungsumfang der neuen Mesotrione-Produkte mit den Handelsnamen Border, Osorna, Starship oder Temsa SC beschränkt sich nur auf Mais, im Gegensatz zu dem Ursprungsprodukt Callisto, welches auch Zulassungen in Mohn, Lein, Chinaschilf und Zuckermais besitzt. Vor allem zur Verbesserung der Hirse- und Flughaferwirkung brauchen diese Produkte einen Mischpartner. Als Standardempfehlungen der Vertreiber werden Tankmischungen mit einem Nicosulfuronprodukt empfohlen. In diesem Fall holt den Anwender jedoch wieder die Resistenzdiskussion (HRAC-Gruppe B) ein. Auch für die Problemstellung “gut entwickelte Borsten- oder Fingerhirse” ist diese Empfehlung als suboptimal einzustufen. Auch wenn es noch keinen eindeutigen Nachweis gibt, wird in Fachkreisen schon seit Jahren diskutiert, ob es in der Tankmischung Triketone + Sulfonylharnstoffe einen Antagonismus auf die Wirkung gegen Hirse gibt. Ein weiterer Aspekt, der nicht unbedeutend ist: Reine Mesotrione-Produkte sind vergleichsweise immer noch teuer. Im Folgenden einige Produkte, die in bestimmten Anwendungsfällen interessant sein können:

Das gute alte Lentagran ist wieder da

Onyx Komplett-Maispack – Dieser könnte interessant werden, ist doch darin das eingangs erwähnte, “wiederauferstandene” Produkt Onyx (Wirkstoff: Pyridate) enthalten. Vielen Landwirten wird das Produkt noch als “Lentagran EC” in Erinnerung sein, das bis 1999 unter diesem Namen auf dem Markt war. Mit in der Kombipackung sind noch Temsa SC (Mesotrione, siehe oben) und Successor T (als Bodenkomponente). Im Gegensatz zu einem Sulfonylharnstoffprodukt als Mischpartner reagiert Mesotrione mit einem blattaktiven Produkt wie Onyx positiv. In diesem Fall kann man durchaus von einem Synergismus sprechen. Auch der Wirkstoff Bromoxynil würde auf gleiche Weise mit Mesotrione reagieren. Detail am Rande: Als Anfang der 1990iger-Jahre Atrazin verboten wurde, nutzten die Versuchstechniker der Firmen und Kammern diesen Effekt, damit sie, eben mit der Tankmischung Mikado oder Callisto + Lentagran EC, die Kontrollparzellen in den Maisherbizidversuchen wieder bereinigen konnten.

Capreno
– Mit Capreno kommt eine neue “Laudis-Variante” auf den Markt. Diese Fertigformulierung besteht eben aus dem Laudiswirkstoff Tembotrione und einer reduzierten Menge von Thiencarbazone, bekannt aus Adengo oder Maister Power, und ist somit auch in Wasserschutz- und Schongebieten einsetzbar. Es soll auch, vor allem im Süden Österreichs, Maister Power ablösen, da in einzelnen Regionen die Hühnerhirse (Echinochloa crus-galli) mit Sulfonylharnstoffen nicht immer wirksam bekämpft werden kann. Auch in Hinblick auf das Resistenzmanagement bietet Capreno Vorteile gegenüber Maister Power. In Wasserschutz- und Schongebieten ist es eine Alternative für Laudis plus. Hier kommt aber dann der Capreno-S Pack ins Spiel, worin als bodenaktives Produkt noch Successor 600 beigepackt ist.

Kurt Graf, RWA

Behandlungen bis zum 6-Blattstadium abschließen

Um die volle Leistung der Herbizide ausnutzen zu können und um den Mais in seiner Entwicklung nicht zu hemmen sind einige Anwendungshinweise zu beachten. Auch wenn viele Maisherbizide für einen Einsatz bis in das Achtblattstadium des Maises zugelassen sind, sollte die Unkrautbehandlung spätestens zum Sechsblattstadium abgeschlossen sein. In dieser Phase beginnt der Mais seinen Ertrag festzulegen und braucht dazu natürlich möglichst alle verfügbaren Nährstoffe und Wasser. Eine Konkurrenz durch Unkrautflora könnte sich hier ertraglich auswirken – deshalb gilt: je früher die Unkräuter reguliert werden, desto besser.Für eine optimale Kultruverträglichkeit gelten weiters folgende Empfehlungen:• Kein Einsatz an Tagen mit sehr großen Tag-Nacht-Temperaturschwankungen (z. B. nachts Frost, tags Sonne bei 15 bis 20 °C). Vor allem Sulfonylharnstoffe können das Maiswachstum bremsen, wenn die Temperaturunterschiede mehr als 15 °C betragen. Der optimale Einsatzzeitpunkt für Sulfonylharnstoffe ist für mich gegeben, wenn der Mais vier bis max. fünf Blätter hat. • Nach Niederschlägen einen Tag warten, damit die Maispflanzen eine ausreichend starke Wachsschicht aufbauen können. Dieser Hinweis gilt sicher für reine Kontaktwirkstoffe wie z. B. Bromoxynil oder Pyridate. Wirkstoffe, welche auch von der Maispflanze aufgenommen werden (Sulfonylharnstoffe), werden von dieser mit oder ohne Wachsschicht aufgenommen.• Einsatz nur in warmen, wüchsigen Phasen (nicht über 25 °C) wäre natürlich der Optimalzustand, doch sind oft andere, betriebsinterne Gegebenheiten vorrangig. Wenn die angeführten Bedingungen nicht alle “im grünen Bereich” sind, kann die Herbizidbehandlung die Stresssituation für den Mais noch verstärken. Die Maispflanzen zeigen dann – auch Sorten- und Wirkstoffabhängig – optische “Schadsymptome” wie Blattaufhellungen (Sulfonylharnstoffe, Dicamba) oder auch Blattverbrennungen (Bromoxynil); unter Umständen kann es auch zu leichten Wuchsdepressionen kommen. Wenn die Wachstumsbedingungen für den Mais wieder besser werden, ist davon nach zehn bis 14 Tagen kaum mehr was zu sehen.

Anwendungsauflagen beachten

Der Einsatz des Wirkstoffs Terbuthylazin, enthalten in Aspect pro, Calaris, Gardo Gold, Spectrum Gold und Successor T (Achtung, vielfach nur in Kombipackungen enthalten), ist in Wasserschutz- und Schongebieten verboten. Weggefallen ist die Auflage, dass nicosulfuronhältige Produkte nur alle zwei Jahre auf derselben Fläche angewendet werden dürfen. Für das Mittel Nicosh 4 OD gilt die Auflage jedoch weiterhin. Die Auflagen betreffend Abstände zu Oberflächengewässern sowie den Einsatz von Produkten auf abtragsgefährdeten Flächen sind unbedingt einzuhalten. Auch solche Auflagen können die Produktauswahl entscheidend beeinflussen. Sind für ein Produkt keine Abstände zu Oberflächengewässern definiert, so gilt in Österreich generell, dass bei Flächenkulturen ein Abstand von einem Meter einzuhalten ist. Infos zu den Anwendungsauflagen der einzelnen Produkte sind im Internet zu finden unter der Adresse http://pmg.ages.at

Hektarkosten: Sparen am richtigen Platz

Die Hektarkosten für den Herbizideinsatz setzen sich für mich aus drei Faktoren zusammen, diese lauten:
• allgemeine Wirkungsbreite,
• Blatt- und/oder Bodenwirkung,
• Wirkung gegen Wurzelunkräuter.

Wer alle drei Parameter berücksichtigen will bzw. braucht, der muss sich auf Kosten von rund 85 Euro pro Hektar einstellen. Kann man aufgrund der Unkrautsituation oder des Einsatzzeitpunktes auf die Wirkung gegen Wurzelunkräuter oder auf die Bodenwirkung verzichten, dann werden sich die Kosten um die 70 Euro pro Hektar bewegen. Wo eine nur blattaktive Variante ohne Wirkung gegen Wurzelunkräuter ausreicht, werden die Kosten um 55 Euro pro Hektar betragen. Innerhalb dieser Kategorien sind die Hektarkosten unabhängig von den Produkten sehr ähnlich. Es ist also entscheidend, die Verunkrautung der einzelnen Schläge gut zu kennen und den Einsatzzeitpunkt und die Witterungsverhältnisse in der jeweiligen Region in die Produktauswahl miteinzubeziehen. Nur so lassen sich beim Mitteleinkauf merklich Kosten sparen. Nicht zielführend erscheint mir, wenn beispielsweise ein 10 Liter-Kanister eines Produkts bei einem 30 km vom Betrieb entfernten Händler oder Lagerhaus um sieben Euro günstiger eingekauft wird. Dieser Kostenvorteil egalisiert sich durch zusätzliche Wegstrecken relativ rasch, insbesondere, wenn aufgrund der Gebindegröße noch Restmengen im Kanister verbleiben.

Maiswurzelbohrer – die Lehren aus dem Jahr 2015

Das Auftreten des Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera) bzw. die Schäden durch dieses Insekt waren 2015 bei weitem nicht so stark wie 2014. Lediglich in einigen kleineren Regionen im Süden Österreichs gab es verstärkten Befall.

Dreifach-Strategie
Aufgrund der Zulassungssituation bei Pflanzenschutzmitteln empfiehlt sich zur Regulation des Schädlings eine Strategie mit drei Komponenten:

  • Beachtung der Fruchtfolge, das heißt höchsten zweimal hintereinander Mais, dann ein Jahr eine andere Kultur;
  • Einsatz des Bodengranulats Belem 0.8 MG gegen die Larven;
  • Anwendung der Mittel Biscaya oder Mospilan 20 SG gegen die Adulten.

Laut Berichten von Praktikern wirkt diese Strategie mit unterschiedlichen Erfolgen. Die Bandbreite reicht von “zufriedenstellende Wirkung” bis “ich hätte mir mehr Wirkung erwartet”. An der Dreifach-Strategie wird sich auch in der bevorstehenden Saison 2016 grundsätzlich nichts ändern. Die Entscheidung, welcher Behandlungsschwerpunkt auf dem jeweiligen Schlag notwendig ist, kann nur aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre und der Kenntnis der Situation vor Ort getroffen werden. Die Ergebnisse diverser Wirkungsversuche mit alternativen Wirkstoffen (Nematoden, Verwirrmittel) aus 2015 werden hier nicht kommentiert; dies ist Aufgabe der jeweiligen Versuchsansteller. Kurt Graf

Resistenzrisiko

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