Plädoyer für das österreichische System der bäuerlichen Sozialversicherung

250 Bäuerinnen und Bauern folgten der Einladung des OÖ. Bauernbund und des SVB Bundesobfrau-Stellvertreters Ludwig Schurm in den Bezirk Braunau. Beim Vergleich der bäuerlichen Sozialversicherung zwischen Österreich und Deutschland fiel das Ergebnis doch recht eindeutig aus.

Die deutschen Kollegen attestierten der bäuerlichen Sozialversicherung in Österreich ein sehr gutes „Zeugnis“.

Genauso wie die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) in Österreich ist die deutsche Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) zuständig für Unfall- und Krankenversicherung sowie die Alterssicherung ihrer Mitglieder. Zusätzlich ist in Deutschland die Pflegeversicherung als vierte Säule der agrarsozialen Sicherheit integriert. „Bei uns gibt es keine Pflegeversicherung sondern ein Pflegegeld, dass aus Steuermitteln finanziert wird“, erklärte Franz Ledermüller, Generaldirektor der SVB, den wesentlichen Unterschied im Leistungsspektrum.
2013 wurden in Deutschland die neun landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträger zu einer bundesweiten Organisation zusammengelegt. „Der Zusammenschluss war notwendig um zu überleben und zugleich die Selbstständigkeit zu wahren“, betonte Martin Empl, Vorstandsvorsitzender der SVLFG.

Andere Finanzierung, vergleichbare Leistung

Ein wesentlicher Unterschied liege im Beitragsbemessungsmaßstab, wie Claudia Lex, Geschäftsführerin der SVLFG erklärte: „Während dieser in Österreich für alle Bereiche der SVB einheitlich ist und sich am Einheitswert orientiert, ist die Beitragsgestaltung bei uns uneinheitlich und sehr viel verwaltungsaufwändiger.“ So werde die Unfallversicherung beispielsweise nach geschätztem Arbeitsbedarf und Risiko, die Krankenversicherung jedoch nach einem korrigierten Flächenbeitrag bemessen. In Deutschland beneide man uns Österreicher deshalb um das System mit dem Einheitswert als Bemessungsgrundlage. „In der Diskussion geht oftmals unter, welchen Meilenstein der Bauernbund mit der Absicherung des Einheitswertes erreicht hat“, hielt Agrarlandesrat Max Hiegelsberger in diesem Zusammenhang fest.

Gravierende Unterschiede in der Alterssicherung

Ein stark differenziertes Bild ergibt sich bei der Betrachtung der Alterssicherung. „In Deutschland handelt es sich dabei um keine Pension sondern um eine Altershilfe, die nur gewährt wird, wenn der Betrieb übergeben worden ist“, klärte Empl auf.
Ledermüller veranschaulichte diese zentrale Differenz an der Entwicklung der durchschnittlichen bäuerlichen Ehegattenpension seit dem EU-Beitritt 1995. Während diese in Österreich seither um circa 50 Prozent gestiegen ist, ist sie in Deutschland nahezu unverändert geblieben: „Das liegt daran, dass unser Pensionssystem mit allen anderen Berufsgruppen gleichgestellt ist. Im Vergleich zu Deutschland zahlen wir die Hälfte des Beitrags und bekommen die doppelte Leistung pro Pension.“

Bauernbund-Erfolge in der Sozialpolitik

Als Erfolg wertete der Ledermüller auch die Arbeit der bäuerlichen Interessensvertreter in der Sozialpolitik: „Der Bauernbund hat sich, auch gegen erhebliche Widerstände der eigenen Mitglieder, dafür entschieden und gesorgt, dass die österreichischen Bauern in das System der gesetzlichen Absicherung gleichberechtigt integriert sind.“ Das Ergebnis davon sei, dass 71 Prozent des Gesamtbudgets der SVB aus öffentlichen Mitteln komme. Den Erhalt einer „bäuerlich geprägten Sozialversicherung“ sieht er deshalb als die wichtigste Zukunftsaufgabe: „Wir haben viel zu verteidigen. Wenn eine strukturelle Veränderung der Sozialversicherungsträger kommen sollte, braucht niemand erwarten, dass irgendjemand die Rechnung für die Bauern zahlt. Wir sollten selber dafür sorgen, dass dieses hervorragende System der sozialen Absicherung in allen Bereichen für die Bauern aufrecht erhalten bleibt“, so Ledermüller.

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AUTORThomas Mursch-Edlmayr
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