Tirol: Klimawandel fordert Landwirtschaft

Das Tiroler Oberland ist traditionell ein Gebiet mit wenig Niederschlag. Der Klimawandel verschärft die Situation. Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler will deshalb die Klimawandelanpassung verstärkt in den Fokus rücken. Für Beregnungsanlagen gibt es seitens des Landes sowohl Unterstützung bei der Projektvorbereitung als auch Förderungen bei der Umsetzung.

Die Beregnung als Investition in die Zukunft sehen Andreas Neuner (Kaunerberg), Bezirkskammerobmann Elmar Monz, LHStv Josef Geisler, Bgm Matthias Schranz und Martin Eiterer, Obmann der Wassergenossenschaft Kauns.
Die Beregnung als Investition in die Zukunft sehen Andreas Neuner (Kaunerberg), Bezirkskammerobmann Elmar Monz, LHStv Josef Geisler, Bgm Matthias Schranz und Martin Eiterer, Obmann der Wassergenossenschaft Kauns.

Über 60 Projekte für Kleinflächenberegnung- und Bewässerungsanlagen sind allein in den Bezirken Landeck und Imst in Planung. Das haben Erhebungen der beiden Bezirkslandwirtschaftskammern ergeben. Rund 780 Hektar landwirtschaftliche Flächen – Grünland wie auch Obstanlagen – sollen kurz- bis mittelfristig über Einzel- oder Gemeinschaftsprojekte beregnet werden. Am größten ist das Interesse an der Realisierung moderner Bewässerungsanlagen im Bezirk Landeck. Dort gibt es Überlegungen für die Beregnung von 580 Hektar. „Wir werden die derzeit budgetierten Fördermittel aufstocken müssen, um die Umsetzung der geplanten Beregnungsanlagen auch zu ermöglichen“, will Geisler frisches Geld für die Klimawandelanpassung. Gerade für die Nebenerwerbslandwirtschaft sei eine effiziente und weitgehend automatische Beregnung wichtig. Das bestehende Fördersystem soll an die aktuelle Situation angepasst werden. Die entsprechenden Förderrichtlinien werden überarbeitet. Derzeit gibt es eine Basisförderung von 20 Prozent, die sich je nach Erschwernispunkten auf bis zu 50 Prozent der förderbaren Kosten erhöhen kann.

Berglandwirtschaft und Landschaftsbild erhalten

Selbst zu Zeiten mit normalem Niederschlag sieht man den Unterschied, den das Wasser macht.Quelle: Land Tirol/Entstrasser-Müller
Selbst zu Zeiten mit normalem Niederschlag sieht man den Unterschied, den das Wasser macht.

Bei einem Lokalaugenschein in Kauns und in Stanz hat sich LHStv. Geisler kürzlich selbst ein Bild von der Notwendigkeit zeitgemäßer Beregnungen gemacht. Mit durchschnittlich 650 bis 800 mm Niederschlag in der Region zählt Kauns jetzt schon zu den trockensten Regionen Österreichs. Kössen beispielsweise verzeichnet einen jährlichen Niederschlag von durchschnittlich 1.650 mm. Die Trockenheit im vergangenen Jahr ist im Oberen Gericht noch bestens in Erinnerung. „Der Klimawandel fordert uns in der Landwirtschaft“, ist sich Geisler bewusst. Ziel sei es, die Berglandwirtschaft und damit auch das Landschaftsbild in den inneralpinen Trockenlagen des Tiroler Oberlands stabil zu halten. Vor allem an den nach Süden ausgerichteten Hängen ist eine Bewässerung selbst in Jahren mit normalen Niederschlagsmengen ein wesentlicher Faktor für die Bewirtschaftung.

Ohne Bewässerung geht es nicht

„Ohne Bewässerung geht es nicht. Die Beregnung ist die Grundlage für eine produzierende Landwirtschaft“, ist der Obmann der rund 100 Mitglieder zählenden Wassergenossenschaft Kauns, Ortsbauernobmann Martin Eiterer überzeugt. In den Jahren 2005 bis 2008 hat die Wassergenossenschaft um 1,2 Millionen Euro und mit 14.500 Stunden an Eigenleistung durch die Genossenschaftsmitglieder ein modernes Bewässerungssystem realisiert. „Die Feinberegnung ist das beste, auch wenn die Anfangsinvestitionen höher sind“, ist der Landecker Bezirksbauerobmann Elmar Monz überzeugt. 18 Kilometer Haupt- und 16 Kilometer Verteilerleitung wurden gelegt. Fast 1.600 Beregner sorgen für Wasser auf den Wiesen. Sechs Stunden dürfen die Mitglieder der Wassergenossenschaft Kauns ihre Wiesen pro Woche beregnen. Wer wann dran ist, ist genau geregelt und wechselt im Wochenrhythmus. 205 Parzellen werden auf diese Weise beregnet. Außerdem zählt man 45 landwirtschaftliche und 55 private Anschlüsse sowie 122 Anschlüsse für Viehtränken. Außerdem werden 15 Hydranten mit Löschwasser versorgt.  

Die Lebensader für das Bewässerungssystem in Kauns ist der 13 Kilometer lange Kaunerberger Hangkanal. Dieser wurde nach dem Zweiten Weltkrieg mit Mitteln aus dem „Marshallpan“, dem amerikanischen Wiederaufbauprogramm für Europa, gebaut. 200 Hektar landwirtschaftliche Fläche, rund die Hälfte davon in der Gemeinde Kauns werden mit Wasser aus dem Hangkanal wassersparend und effizient beregnet. Das Wasser des Gallruttgletschers wird auf fast 2.000 Metern gefasst und im Hangkanal bis in den Talboden geleitet.

Waale als Lebensadern

In Stanz wurde der Bestand einer Bewässerung mittels Waalsystemen bereits vor 500 Jahren urkundlich erwähnt. Heute setzt man auch in Stanz auf ein zeitgemäßes System. Aber auch hier bilden traditionelle Waale das Rückgrat der modernen Bewässerungstechnik, teils wurden sogar neue Waale angelegt. Eine Besonderheit in Stanz sind die sogenannte Piezen, Teiche für die Bewässerung. 30 solcher Piezen gibt es in Stanz, acht davon haben eine rein ökologische Funktion. Jene vier Piezen, die heute noch der Bewässerung dienen, fassen eine Million Liter Wasser. „Durch die Speicher können wir auch größere Flächen gleichzeitig beregnen“, erläutert Stefan Nothdurfter von der Wassergenossenschaft Stanz-Platzmähder. 90 Hektar landwirtschaftliche Fläche, großteils Obstanlagen, werden so mit Wasser versorgt. Zudem beziehen 60 Privathaushalte ihr Brauchwasser aus dem System. Das Wasser im Waal kommt übrigens aus den Bergen oberhalb von Grins. Stanz hat auf eigenem Gemeindegebiet bereits alle Trinkwasserquellen erschlossen.

- Bildquellen -

  • Bewässerung Kauns: Land Tirol/Entstrasser-Müller
  • Neuner Monz Geisler Schranz Eiterer 0345: Land Tirol/Entstrasser-Müller
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