Unfall auf Almweide: Klage auf Schadenersatz

Nach dem tödlichen Angriff einer Mutterkuhherde im Juli 2014 haben Witwer und Sohn des Opfers Schadenersatzklage beim Innsbrucker Landesgericht eingebracht.

Zum tragischen Unfall war es am 28. Juli 2014 auf einer Alm im Stubaital gekommen. Die 45-jährige Deutsche war mit ihrem angeleinten Hund auf einem Wanderweg unterwegs gewesen, der durch das Weidegebiet einer Mutterkuhherde führt. Trotz Reanimationsversuchen erlag die Frau nach dem Unfall schließlich ihren schweren Verletzungen.
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat ein Verfahren gegen den Tierhalter wegen fahrlässiger Tötung mit der Begründung eingestellt, dass den Landwirt keinerlei Verschulden an dem Unglück treffe. Unter anderem hätte er bereits vor dem Vorfall mehrsprachige Hinweisschilder mit dem Verweis angebracht, dass der Wanderweg durch eine Mutterkuhweide führe und unbedingt Abstand von den Tieren zu halten sei.
Witwer und Sohn haben jetzt am Zivilgericht Schadenersatzklage eingebracht und fordern 359.905,– Euro für Begräbniskosten bzw. sonstige Aufwendungen und Schmerzensgeld. Zusammengefasst argumentieren die Kläger, dass der tödliche Unfall leicht durch einen einfachen Weidezaun zu verhindern gewesen wäre. Der erste Verhandlungstermin ist für den 9. Mai angesetzt.
Gemessen an der vorliegenden Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen werden die Erfolgsaussichten der vorliegenden Klage nicht allzu hoch sein.
So besteht nach der einschlägigen Judikatur keine Verpflichtung, einen Weg, der durch eine Kuhweide führt, durch Zäune vom Weidegebiet abzugrenzen. Besonders aggressive Tiere sind allerdings gesondert zu verwahren und nach einem Vorfall, bei dem Mutterkühe auf Hunde aggressiv reagierten, ist zumindest eine Warnung durch Aufstellen eines Schildes geboten.

Entscheidung des OGH

Mit einer Entscheidung vom  Februar 2015 (GZl. 2 Ob 25/15p) hat der Oberste Gerichtshof diese Judikaturlinie neuerlich bestätigt:
In diesem (vergleichbaren) Fall hat eine Klägerin vergeblich Schadenschatz nach einer Verletzung durch eine Mutterkuh verlangt. Die Klägerin und ihr Mann, die beide einen Hund an kurzer Leine mitführten, hatten einen zwischen zwei Gasthäusern gelegenen Wanderweg benutzt, der über eine Almweide mit einer Mutterkuhherde führte. Zum Unfallzeitpunkt waren bei beiden Zugängen zur Weide Warnschilder mit der Aufschrift „Achtung, Mutterkühe! Mitführen von Hunden auf eigene Gefahr“ angebracht, nachdem es bereits ein Jahr vor diesem Vorfall auf dieser Weide zur Verletzung eines einen Hund mitführenden Wanderers durch die Kühe des Beklagten gekommen war.
Die Kläger haben in ihrer Revision an den Obersten Gerichtshof vorgebracht, dass das bloße Aufstellen eines Warnschildes nicht ausreichend sei. Derartige Zwischenfälle würden vermehrt vorkommen, dem Fremdenverkehr in Österreich komme aber große Bedeutung zu und sei das Wohl der Wanderer deswegen auch zu schützen.
Die Revision war nicht erfolgreich, der OGH hat seine Judikaturlinie aus folgenden Gründen neuerlich bestätigt:
Die im allgemeinen Interesse liegende Landwirtschaft dürfe nicht durch Überspannung der Anforderungen unbillig belastet werden.
Selbst im Fall, dass bereits in der Vergangenheit vergleichbare Unfälle passiert sind, könne aus der Rechtsprechung eine Verpflichtung zum Einzäunen der Kühe bzw. des Weges nicht abgeleitet werden.
Vor dem Hintergrund der üblichen freien Haltung von Rindern auf der Alm und der bekannt gefährlichen Begegnung zwischen Weidevieh und Hunden sei eine Warnung durch Aufstellung eines Schildes zwar geboten. Im konkreten Fall sei aber durch das angebrachte Warnschild ausdrücklich auf diese Gefahr hingewiesen worden.
Letztlich sei auch von Hundehaltern zu verlangen, dass sie über die mit dem Halten von Hunden typischer Weise ausgehenden Gefahren Bescheid wissen.
Auch wenn der Schadenersatzklage gegen den Landwirt kein Erfolg zukommen sollte, wird dies vor allem darauf zurückzuführen sein, dass die von der Judikatur geforderten Warnschilder hier tatsächlich vorhanden waren. Die Wichtigkeit von solchen Hinweistafeln insbesondere in Weidebereichen von Mutterkuhherden kann also gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

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AUTORMag. Peter Egger
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