Wolf, Natura 2000, Strukturwandel: Almbewirtschaftung in Gefahr

Die Zahl der Viehauftreiber ist seit 2001 um ein Viertel gesunken. Dahinter stecken nicht nur wirtschaftliche Gründe, denn Naturschutzdiskussionen nehmen den Almbauern die Freude an ihrer Arbeit. Wenn dieser Punkt erreicht ist, geben sie auf.

Geht die Kuh, kommt der Wald: Nur die Bewirtschaftung mit Tieren hält die Almen offen.

Bergwiesen, weidende Tiere und beeindruckende Landschaften: Bilder, die Urlauber und Einheimische vom Frühjahr bis zum Spätherbst zum Wandern auf die Almen einladen. Mit dieser Idylle kann es aber schnell vorbei sein. Dann nämlich, wenn die weidenden Tiere aus dem Bild verschwinden – und mit ihnen die Bergwiesen. Denn: „Nur die aktive Bewirtschaftung der Almen sichert ihren Fortbestand“, betonen Landwirtschaftskammer-Vizepräsident Karl Grabmayr und Obmann der oö. Almbauern Johann Feßl.

Ein Viertel weniger Viehauftreiber

Gab es 2001 noch 849 oberösterreichische Viehauftreiber, waren es 2016 nur mehr 630 Bauern, die ihre Tiere im Sommer auf die Alm brachten. Die­ser Rückgang um 25 Prozent ist mehr als dem zwangsläufigen Strukturwandel geschuldet. Die Zahl der gealpten Rinder ist bisher noch gleich geblieben. Mit dem Rückgang an Haltern gehe aber viel Know-how verloren und die Arbeit werde ja nicht weniger, sagt Feßl – sprich das „Frieden“, also die Erstellung von Zäunen, das „Schwenden“ – die Offenhaltung der Landschaft durch das Entfernen von Holzgewächsen – oder die Gebäudeerhaltung. Ein Knackpunkt in der Erhaltung der Almen sei die Bewirtschaftung der Heimbetriebe. Etwa 95 Prozent der Almbauern haben zu Hause einen Bergbauernbetrieb. „Ohne Bergbauern gibt es auch keine weidetauglichen Rinder“, sagt Feßl, „ein Tier, das auf die Alm geht, muss auch zu Hause auf die Weide gebracht werden“. Intensivierung und Vergrößerung der Betriebe hätten hingegen zu vermehrter Stallhaltung geführt.

Copyright: BZ

„Und dann hören wir irgendwann auf“

„Die Almarbeit ist mit viel Aufwand verbunden“, weiß auch August Knittl-Frank. Er ist einer von ganz Wenigen, die „neu“ in die Almwirtschaft eingestiegen sind. Seit fünf Jahren hat der gebürtige Windischgarstner mit Wohnsitz in Admont (Stmk.) 21 Hektar Almfläche in Hinterstoder gepachtet. Sieben bis zwölf Rinder von befreundeten Bauern verbringen dort den Sommer. Beruflich ist Knittl-Frank selbstständig als Rinderzuchtberater unterwegs, einen Tag pro Woche verbringt er im Sommer nun auf der Alm. Dort hält er Nachschau bei den Rindern, errichtet Zäune und hält die Flächen von Disteln, Ampfern und Stauden frei. Für ihn ist die Almwirtschaft ein „sinnvolles Hobby“, mit dem er einen „Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft“ leistet.
Große Erträge seien in Relation zum Aufwand in der kurzen Zeit der Almbewirtschaftung ohnehin nicht erwirtschaftbar, sagt Feßl – wenngleich er ebenso die Vorteile der Almbewirtschaftung hervorstreicht: Etwa die ergänzende Flächen- und Futterausstattung, eine Senkung der Aufzuchtkosten oder eine bessere Fitness der Tiere.
Was die Almbauern trotz der harten Arbeit antreibt? „Die Freude daran“, sagt Feßl. Und genau die wird bei den Almbauern immer mehr durch Na­turschutzdiskussionen getrübt. „Neue Auflagen gehen meistens zu Lasten der Bewirtschaftung und der Wirtschaftlichkeit“, beklagt Grabmayr die im Raum stehenden Ausweitungen der Natura-2000-Gebiete. „Viele Schutzgüter haben sich erst durch die Almbewirtschaftung entwickelt“, so Grabmayr. „Als Bewirtschafter bekommt man mit solchen Diskussionen das Gefühl, dass man etwas falsch macht“, sagt Feßl.
Sorge bereitet den beiden auch die Entwicklung des Wolfbestandes. „Der Wolf ist mit Almen nicht verträglich“, bringt es Feßl unmissverständlich auf den Punkt. Die Landwirtschaftskammer fordert deshalb eine strenge Regulierung des Wolfbestandes.
„Wir schauen 365 Tage im Jahr auf unsere Tiere“, so Feßl. Er versteht nicht, warum dem Schutz des Wolfes eine stärkere Beachtung geschenkt wird als dem Schutz der
Tiere. „Damit nimmt man uns die Freude an der Arbeit“, sagt Feßl, „und dann hören wir irgendwann auf.“

Noch gibt es sie – die Bauern, die ihr Vieh auf die Alm auftreiben. „Die Freude daran dürfen wir uns nicht nehmen lassen“, sagt Almobmann Johann Feßl. Copyright: fotolia – Thomas Zagler

OÖ: Gealpt wird vor allem Jungvieh

Die OÖ. Almregion erstreckt sich über die Bezirke Vöcklabruck, Gmunden, Kirchdorf und Steyr-Land. 2016 wurden 400 Almen mit einer Almkatasterfläche von 23.800 Hektar bewirtschaftet. Die meisten Flächen liegen im Bereich der Niederalmen (bis 1300 Meter), manche Hochalmen finden sich im Salzkammergut.
Gealpte Tiere: (Zahlen 2016): 4900 Stück Rinder (meist Jungvieh), 53 Milchkühe, 53 Pferde, 839 Schafe, 68 Ziegen.

- Bildquellen -

  • DSC 4983: Bildrechte beim Autor
- Werbung -
AUTORAnni Pichler
Vorheriger ArtikelKartoffelmarkt KW 33/2017
Erträge schwach, Preise stabil
Nächster ArtikelRindermarkt KW 33/2017
Stierpreis für zwei Wochen fixiert