Auf Provokationen souverän reagieren

Streit in der Familie, Aggressionen beim Autofahren, der böse Nachbar - es gibt viele Situationene im Alltag, in denen man eine konstruktive Konfliktbewältigung trainieren kann. Hier einige Tipps dazu.

Langsam fahren als Provokation - wer sich davon ärgern lässt, wird häufig aggressiv. Mancher Mensch wird dadurch zum Tier. Es gibt aber bessere Reaktionsmöglichkeiten. ©photophonie / Fotolia.com
Langsam fahren als Provokation – wer sich davon ärgern lässt, wird häufig aggressiv. Mancher Mensch wird dadurch zum Tier. Es gibt aber bessere Reaktionsmöglichkeiten. ©photophonie / Fotolia.com
Angriff und Gegenangriff – durch die rhetorische Stärke, beispielsweise in so manchen Ämtern und Behörden, fühlen sich Landwirte oft in die Enge getrieben oder im Gespräch überrumpelt. Die Arroganz des Verhandlungspartners provoziert. Provokationen nimmt man selbst meist als Angriff wahr und setzt zum Gegenangriff an. Oft ist das nicht nötig – denn möglicherweise provoziert der Verhandlungspartner gar nicht bewusst; er hat eben nur eine etwas schroffe Art, seine Meinung zu äußern.Um die eigenen Gefühle in die richtige Bahn zu lenken, braucht man zunächst ein gutes Gespür, um zu erkennen, worüber man sich leicht aufregt. Es sind meist die gleichen Ursachen und die gleichen, ganz bestimmten Reize, auf die man meist mit dem gleichen Verhaltensmuster reagiert.

Ich-Botschaft statt Du-Botschaft

Um das Gleichgewicht zu bewahren, ist es oft am besten, wenn man kleinere Angriffe einfach überhört; steigern sich die Worte des Gesprächspartners zu Vorwürfen, dann ist zunächst Betroffenheit angebracht. Richtige Antworten in solchen Situationen lauten: “Das trifft mich aber hart.” Oder: “Ich fühle mich jetzt betroffen/verletzt.”Wichtig ist die sogenannte Ich-Botschaft. Die Aussage: “Ich finde das sehr persönlich” hört sich anders an als: “Sie sind aber sehr persönlich.” Die Sie-Form wird meist als Gegenangriff wahrgenommen und führt zu weiteren Diskussionen. Bei der Ich-Form ist das weniger wahrscheinlich. Entschärfend in einer Konfliktsituation wirkt auch, dem Gesprächspartner eine “Positive Unterstellung” anzubieten – beispielsweise, indem man ihn ausreden lässt und dann erwidert: “Sie haben bestimmt nichts gegen mich persönlich, sondern wollen mich von Ihrem Standpunkt überzeugen.” Damit rechnet der “Täter” nicht und ist zunächst sprachlos.

Überraschende Gelassenheit

Auf eine unsachliche Kritik, wie z. B. “Sie haben keine Ahnung”, erwidert man am besten schlagfertig: “Ja, das stimmt sogar.” Damit zeigt man Gelassenheit und überrascht die andere Seite. Eine weitere Methode ist es, sich die Aussage wiederholen zu lassen und dabei zu übertreiben: “Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe, Sie halten mich wahrscheinlich für ziemlich dumm.” Das ist allerdings gewöhnungsbedürftig.Für das Selbstbewusstsein gibt es keinen Kippschalter, den man einfach so mal umlegt. Selbstbewusstsein funktioniert wie ein Muskel, der durch ständiges Training gestärkt wird. Den eigenen Selbstwert zu erkennen, ist ein laufender Prozess, bei mangelndem Selbstwertgefühl fühlt man sich schneller angegriffen. Es geht darum, an sich zu glauben und Selbstzweifel zu vermeiden.

Das Ruder in der Hand behalten

Auf Angriffe reagieren die meisten Menschen intuitiv mit einem Gegenangriff. Auf eine Beleidigung folgt eine weitere, ein Kraftausdruck zieht den nächsten nach sich. Damit eine Situation nicht außer Kontrolle gerät, sollte man vor allem versuchen, Gelassenheit zu bewahren. Je früher man die aufkeimende Wut bei sich erkennt, desto schneller kann man gegensteuern. Souveränes Verhalten ist nicht leicht, es ist aber die beste Methode, um auf Provokationen die passende Antwort zu finden. Vermeiden sollte man jedenfalls Bewertungen des Gesprächspartners, wie z. B. “Auf diesem Niveau möchte ich nicht weiter mit Ihnen reden.”Man stelle sich folgende Fragen: “Bin ich meinen Gefühlen völlig ausgeliefert?”, sowie: “Warum falle ich auf Provokationen herein?” Auch wenn einen jemand absichtlich provoziert, ist es schließlich die eigene Entscheidung, ob man sich ärgert. Warum sollte man einem anderen die Macht über die eigenen Gefühle geben? Oft zielt die Provokation der Gegenseite ja darauf ab, das Visavis von seinem eigenen Gesprächsziel und seinen Argumenten abzubringen. Ärger kann man durch “Selbstgespräche” steuern. Man beschäftigt sich dann ganz konzentriert mit den eigenen Gefühlen und nicht mit dem Angreifer. Die Energie, die im Ärger steckt, sollte man nicht dazu missbrauchen, andere zu beschimpfen. Und wenn der Ärger überhandnimmt, bzw., wenn man fühlt, dass man ihm hilflos ausgeliefert ist, dann ist es besser, das Gespräch zu beenden. Damit es so weit gar nicht kommt, kann man die Wahrnehmung der eigenen Gefühle trainieren. Ziel ist, Stimmungsschwankungen früh zu erkennen, die Auslöser zu benennen und die emotionale Balance zu erhalten. Hilfreich ist es auch, die eigenen Gefühle anderen mitzuteilen bzw. auch die Gefühlslage anderer wohlwollend zu erkunden.

Das Ruder in der Hand behalten

Ärger ist nicht grundsätzlich etwas Schlechtes, sondern ein Hinweis, dass etwas nicht in Ordnung ist. Den Hinweis kann man auch positiv aufnehmen und überlegen, wie man zukünftig den Ärger vermeidet, anstatt sich der Dynamik des Ärgers auszuliefern. Das Denken verläuft langsamer als die Dynamik der Gefühle, und daher muss man für eine “Entschleunigung” sorgen. Wenn einen jemand ärgert, dann sollte man zuerst den Verstand aktivieren, mit dem Auftrag: “Kannst Du die Situation kurz checken.” Damit läuft man dem Ärger nicht in die Falle. Durch den Gedanken: “Aha, das ist also eine ärgerliche Situation, was mache ich jetzt?”, gewinnt man Distanz und kann die aufkeinmenden Emotionen in konstruktive Bahnen lenken. Es ist kein Naturgesetz, dass man Ärger verstärken und zum Gegenangriff übergehen muss; man kann ihn auch auch relativieren, differenzieren oder Entwarnung geben.

Den Ärger zähmen

  • Kleinere Angriffe überhören
  • Nicht zur Ruhe auffordern
  • Betroffenheit äuöern
  • Die Ich-Botschaft nutzen
  • Einfach zustimmen
  • Provokationen wiederholen lassen
  • Positives unterstellen
  • Die Gelassenheit nicht verlieren

Ralf Leicher, Heidelberg

- Werbung -
Vorheriger ArtikelMitarbeiterehrungen bei Hauer
Nächster ArtikelArno – das Supertalent