Der richtige Mix aus Theorie und Praxis

?Was man in der landwirtschaftlichen Schule lernt, kann man im Leben auf alle Fälle brauchen?, sagt Johann Plakolm ©Privat
?Was man in der landwirtschaftlichen Schule lernt, kann man im Leben auf alle Fälle brauchen?, sagt Johann Plakolm ©Privat
Johann Plakolm ist seit 1. Mai 2015 Landesschulinspektor für landwirtschaftliche Fach- und Berufsschulen Oberösterreichs. Er legt großen Wert darauf, dass an den landwirtschaftlichen Fachschulen nicht nur Wissen vermittelt, sondern Kompeten­zen gelehrt und die Schüler bestmöglich auf die künftigen Herausforderungen vorbereitet werden.

Heute ist Zeugnisverteilung in Oberösterreichs Schulen. Welches Zeugnis stellen Sie den landwirtschaftlichen Fachschulen aus?
JOHANN PLAKOLM: Ein sehr, sehr gutes. Wir haben mit 3023 Schülerinnen und Schülern ei­nen der höchsten Schülerstände der vergangenen Jahre. Ein besonders gutes Zeugnis möchte ich auch den knapp 500 Lehrerinnen und Lehrern ausstellen, die sich sehr engagiert um die Ausbildung im ländlichen Raum bemühen. In unseren Schulen geht es nicht nur um die Wissensvermittlung, sondern auch um den Erwerb von Kom­petenzen.

Wie wird das umgesetzt?
PLAKOLM: Die praktische Ausbildung spielt eine sehr wesentliche Rolle, ein Drittel der Unterrichtszeit ist Praxis. Weiters ist uns die Vermittlung von grundsätzlichen Kenntnissen im Bereich der Landwirtschaft und Ernährung sehr wichtig. Ganz egal, wel­chen Beruf man erlernt oder welcher Lebenslauf sich ergibt: Was man in der landwirtschaftlichen Schule lernt, kann man im Leben auf alle Fälle brauchen.

Worauf führen Sie die Zunahme bei den Schülerzahlen zurück?
PLAKOLM: Der Anstieg ergibt sich durch eine höhere Aufstiegsquote, die mittlerweile bei 80 Prozent liegt. Wir haben also mehr Schü­lerinnen und Schüler in den zwei­ten und dritten Jahrgängen. Es war eine zeitlang so, dass man­che den ersten Jahrgang als Poly-ersatz nutzten. Das hat sich in den letzten Jahren verbessert.

Wie wurde das geschafft?
PLAKOLM: Wir haben ein sehr at­traktives Modell geschaffen. Zum einen wurde die Zeit bis zur Fach­arbei­ter­prü­fung von vier auf drei Jahre komp­rimiert. Zum anderen war auch die Einführung von Wahlpflichtseminaren ausschlaggebend, wo sich die Schüler während vier Wochen auf einen Fachbereich spezialisieren. Und dann hat auch die Attrak­tivitätssteigerung im praktischen Unterricht wesentlich zum Erfolg beigetragen.

Die Absolventen sind gefragt: Mehr als 90 Prozent treten binnen drei Monaten nach Abschluss in die Berufstätigkeit oder eine weiterführende Schulausbildung ein…
PLAKOLM: Wir haben eine sehr breite Ausbildung, die auch für außerlandwirtschaftliche Berufe befähigt. Betriebe nehmen unsere Absolventen gerne auf, weil sie wissen, dass da ein gutes Fundament an Ausbildung und handwerklichem Verständnis vorhanden ist. Wir arbeiten auch eng mit der Wirtschaft zusammen, z.B. mit dem Modell Land-Wirtschaft, bei dem es möglich ist, nach Absolvierung der Fachschule in weiteren zwei Jahren einen zweiten Beruf zu erlernen. Neben der praktischen und fachlichen Ausbildung ist mir aber auch die theoretische Wissensvermittlung in den allgemeinbildenden Fächern sehr wich­tig, weil sie zur Persönlichkeitsbildung ganz wesentlich beiträgt. Deutsch, Mathematik und auch Englisch gehören da dazu. Die beste Fachausbildung hilft nichts, wenn die Allgemeinbildung nicht Schritt hält.

Wie sieht es mit der Durchlässigkeit zu höheren Ausbildungen aus?
PLAKOLM: Der Trend zur Höherqualifizierung ist zweifelsohne gegeben und darauf reagieren wir. Nach der Fach­arbeiterprüfung in unseren Schulen ist es z.B. möglich, einen dreijähri­gen Auf­baulehrgang in der HBLA Elm­berg oder in HBLAs anderer Bundesländer zu be­suchen, um die Schul­ausbildung mit Ma­tura abschließen zu können. Im heu­rigen Schuljahr bieten wir zudem an der Fachschule Waizenkirchen gemeinsam mit der HLBLA St. Florian zum ersten Mal einen einjährigen Lehrgang an, bei dem man nach der Absolvierung der Fachschule in einem Jahr zur Berufsreifeprüfung gelangt.

Wann wird Hagenberg eröffnet?

PLAKOLM: Die Eröffnung des Agrar­bildungszentrums Hagenberg, das die Schulstandorte Freistadt, Kirchschlag und Katsdorf vereint, wird im September 2017 stattfinden. Dort starten wir auch mit einem neuen pädago­gischen Modell der Co-Edukation. Im ersten Jahr haben alle Schüler die glei­che Grundausbildung. Ab der zweiten Klasse können sie sich dann auf den Fachbereich Landwirtschaft oder Hauswirtschaft spezialisieren. Investiert wird aber auch in den anderen Landwirtschaftsschulen. Landesrat Max Hiegelsberger ist es gelungen, ein Sanierungsprogramm auszuverhandeln. Die zusätzlichen 23 Milli­onen Euro, die aus dem Konjunktur- paket des Landes OÖ stammen, werden für verschiedenste Bau- und Adap­tierungstätigkeiten an etlichen Schulen verwendet.

Die Anforderungen an die Betriebsführer im Bereich Markt und Marketing werden zunehmend höher. Wie werden die Schüler darauf vorbereitet?
PLAKOLM: Wir haben einige Berei­che, die in diese Richtung gehen. Betriebswirtschaft und Buchführung sind Standard, Marketing ist ebenfalls ein wesentliches Thema. In vielen Schulen haben wir außerdem Übungsfirmen, wo neben der Produktion besonders der Verkauf und das Marketing wichtig sind. In der Produktionstechnik sind wir insgesamt schon sehr weit fortgeschritten. Im Marketing und in der Vermarktung müssen wir aber noch besser werden. Dort ist mehr drinnen, als manche Landwirte glauben.

Wenn sich Schüler entschließen, in eine LFS zu gehen. Bis wann kann man sich noch anmelden?
PLAKOLM: Die Anmeldelisten sind schon gut gefüllt. Bis Ostern gibt es aber noch die Möglichkeit, sich anzumelden.

Landwirtschaftsschulen in OÖ

Landwirtschaftliche Fachschulen auf einem Blick ©Amt der Oö. Landesregierung
Landwirtschaftliche Fachschulen auf einem Blick ©Amt der Oö. Landesregierung

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