Gahr: Fortschreitende Zentralisierung stoppen

NR Hermann Gahr. ©Parlament
NR Hermann Gahr. ©Parlament
Herr Nationalrat Hermann Gahr, das Jahr 2015 war ein schwieriges Jahr für die Landwirtschaft, vor allem, was die Erträge anbelangt. Was kann aus Bundessicht getan werden?
Hermann Gahr: Der Einkommensverlust in der Landwirtschaft ist unerfreulich und für viele Betriebe gefährlich in ihrer Existenz. Ursache für den Rückgang bei den Erzeugerpreisen ist gerade für Tirol der niedrige Milchpreis. Hier gibt es eine sinkende Nachfrage auf den Exportmärkten und Realität ist, dass sich die Preise nur langsam und überschaubar nach oben entwickeln werden. Zum Glück sind die Preise bei Spezialmilchsorten wie Biomilch und Heumilch nicht so stark unter Druck. Wir brauchen in der Milchwirtschaft weniger Produktion und neue Märkte. Unser Tiroler Bundesminister Andrä Rupprechter bemüht sich unermüdlich um neue Exportmärkte und Absatzmöglichkeiten. Wunder kann auch er nicht bringen, der Markt bestimmt den Preis.

Transparente Lebens-mittelkennzeichnung

Die Lebensmittelkennzeichnung ist immer wieder ein Streitthema?
Die Lebensmittelherkunft und deren Kennzeichnung ist ein Dauerthema, das die Landwirtschaft trifft. Oft wird der Verbraucher durch unseriöse und wenig transparente Kennzeichnung getäuscht. Mein Wunsch und Bemühen wird es sein, die Lebensmittelkennzeichnung ehrlicher, fairer und transparenter zu machen. Hier gibt es noch viel zu tun, um den Praktiken der Lebensmittelindustrie entgegenzuwirken. Der beste und sicherste Weg ist es, regionale Produkte direkt beim Bauern oder auf dem Bauernmarkt zu kaufen. Hier ist die Herkunft garantiert und nachvollziehbar. Ein weiterer Schwerpunkt muss es sein, dass gerade im öffentlichen Bereich und vor allem auch im Tourismus gesunde und frische heimische Lebensmittel angeboten werden.
Wohin geht der Weg in der Tiroler Landwirtschaft?
In Tirol sind über 80 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe Zuerwerbs- und Nebenerwerbsbetriebe. Reine Vollerwerbsbauern, die von einer Produktionssparte leben, sind nicht die Masse. Als Maschinenring-Landesgeschäftsführer predige ich seit 26 Jahren, dass es nur über die Einkommenskombination gelingen wird, Bauer zu bleiben. Wachsen und weichen ist für Tirol keine Lösung. Es gibt Chancen im Tourismus mit Urlaub am Bauernhof, es gibt Chancen in der Direktvermarktung, es gibt Chancen in der Waldnutzung, es gibt Chancen bei den Spezialkulturen, es gibt Chancen im Fleischbereich, es gibt Chancen als Dienstleister im Maschinenring und vieles mehr. Man muss nur wollen, mutig sein und nicht zu viel jammern!
Die Zentralisierung in vielen Bereichen schreitet fort, kann sich Tirol in Wien zu wenig behaupten?
Ja, die fortschreitende Zentralisierung gibt mir Anlass zur Sorge. Es gibt leider Tendenzen und Pläne, uns Tiroler abzuräumen. Im letzten Jahr war geplant, die ASFINAG-Geschäftsführung aus Tirol abzuziehen. Gemeinsam mit LH Günther Platter haben wir wie bei den Bezirksgerichten ein Veto eingelegt. Auch bei der Bildung wollte man zentralisieren. Fatal an diesem Trend ist vor allem, dass uns mit der Verlegung von Kompetenzen und Infrastruktur auch Wertschöpfung verlorengeht. Als Tiroler Vertreter kann ich das nicht so einfach hinnehmen. Gerade deshalb werde ich auch in Zukunft unbequem sein, wenn Wien über unsere Interessen drüberfahren möchte!
Zählt dazu auch der Hubschrauberstützpunkt Vomp?
Es kein Geheimnis, dass ich die Entscheidung von Minister Klug für fahrlässig und unverantwortlich halte und alle parlamentarischen Möglichkeiten ausgeschöpft habe. Leider konnte ich die Schließung nicht verhindern; was da in manchen Köpfen in Wien vorgeht, ist mir unerklärlich. Mit der Streichung des letzten Hubschrauberstützpunktes im Westen wirft der Verteidigungsminister einen Kernauftrag des Bundesheeres, nämlich den Schutz der Menschen im Katastrophenfall, leichtfertig über Bord. Eine solche Ignoranz habe ich in meinen 16 Jahren als Parlamentarier noch nicht erlebt.

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