Gesunde Kühe machen Freude

Dank konsequentem Betriebsmanagement, dem Know-how der Betriebsleiter und eines verlässlichen Milchabnehmers, beweist die Familie Naderer, dass ein Bauernhof mit Milchproduktion auch in einer Wein- und Ackerbauregion erfolgreich sein kann.

Die Entscheidung, in der Milchproduktion zu bleiben, hat Josef Naderer keinen Tag bereut. Der Stall wurde zwischen 2012 und 2013 zu einem Laufstall umgebaut. Am meisten hätten die Tiere davon profitiert, ist sich Naderer sicher. Foto: BauernZeitung/Artur Riegler

Begibt man sich im niederösterreichischen Bezirk Hollabrunn auf die Suche nach einem Milchviehbetrieb, der die strengen Qualitätskriterien für das Milchgütesiegel mehrere Jahre in Folge erfüllt, dann ist die Auswahl ziemlich eingeschränkt. Anna und Josef Naderer sind die einzigen Milchbauern in der Marktgemeinde Heldenberg, Ortsteil Unterthern, und in ihrem Stall finden 20 Kühe samt Nachzucht Platz.

Der Weg der Milch führte nach Wien und Baden

Die Milchviehhaltung hatte im Gebiet des Schmidatals über Generationen hinweg eine lange Tradition. In früheren Zeiten haben die Bauern in dieser Region Milch hauptsächlich zur Eigenversorgung erzeugt. Mit dem Bau der Franz-Josefs-Bahn, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, erlebten die Orte entlang der Bahn einen wirtschaftlichen Aufschwung und eine Verkehrsanbindung an Wien.

Quelle: BauernZeitung/Artur Riegler
Seit die Milchgenossenschaft existiert, wird die Molkerei von diesem Hof aus belierfert.

In der Folge entwickelten sich ab den 1880er Jahren in den Orten zahlreiche Milchgenossenschaften. Der Weg zu den sogenannten „Milchkasinos“ wurde zur selbstverständlichen Routine: Neben dem Austausch von Neuigkeiten fand hier die Milch einen Absatz zu einem geregelten Preis. Die Milch der Bauern aus Unterthern wurde damals mit Einspänner „bergab“ zum Bahnhof Großweikersdorf und von dort weiter zur Zentralgenossenschaft nach Wien, am Höchstädtplatz 5, gebracht. Einst führte auch ein Weg über eine Serpentinstraße zu einer Molkerei in die Stadt Hollabrunn, die 1925 gegründet wurde. Kräftige Zugtiere waren damals notwendig, um die Milchkannen der Genossenschaft Oberthern sicher an ihr Ziel zu bringen.

Quelle: Naderer
Bis zum Jahr 1992 befand sich in der Ortsmitte eine Milchsammelstelle.

Noch bis Anfang der 1990er Jahre bestand im Dorfzentrum eine Sammelstelle, von wo ein Lastwagen die Milch abholte und zum neuen Molkerei-Standort nach Baden brachte.
Das ehemalige Milchhaus wird heute von der Dorfgemeinschaft für Feste oder Veranstaltungen genutzt.

Nur Acker- und Weinbau oder doch Milch?

Quelle: Naderer
Im Gegensatz zu Einzelgehöften im Alpenraum sind im Weinviertel Straßendörfer typisch. Erweiterungen sind nur in Randlage möglich.

Die Hoflage am Ortsrand ermöglichte einen sukzessiven Aus- und Umbau der Stall- und Wirtschaftsgebäude. „Im Unterschied zu Einzelgehöften, fehlt in Straßendörfern einfach der Platz, um Betriebe zu erweitern. Speziell das Ende der dauernden Anbindehaltung, verbunden mit dem Platzmangel für den Auslauf, führte hier in der Region vielfach zur Aufgabe der Milchviehhaltung“, erzählt Josef Naderer.
Mit Ende der Milchsammelstellen im Jahr 1992 wurde in eine neue Rohrmelkanlage mit Milchtank investiert, auch für die Nachzucht haben die Naderers den Stall umgebaut. Der nächste große Schritt erfolgte zwischen den Jahren 2012 und 2013. Schließlich wagten sie den Schritt und bauten nach eingehender Beratung und Planung – auch hinsichtlich der Tierschutzstandards – das bestehende Stallgebäude in einen Laufstall um.
Rückblickend war es die richtige Entscheidung, sind sich Anna und Josef Naderer einig. „Der Umbau hat sich positiv auf das Tierwohl und auf die Gesundheit ausgewirkt. Die Trockensteher können nun besser versorgt werden und auch das Abkalbeverhalten hat sich sehr verbessert“, stellt Anna fest.

Quelle: BauernZeitung/Artur Riegler
Der Herdendurchschnitt lag im Vorjahr bei 10.183 Kilogramm Milch (4,08 Prozent Fett und 3,43 Prozent Eiweiß). Außerdem ist der Betrieb Mitglied beim Arbeitskreis Milchproduktion.

„Seit 1978 sind wir beim Zuchtverband. Seit damals hat sich die Leistung von 5000 auf 9500 Kilogramm erhöht. Auch die Widerristhöhe stieg im Schnitt um knapp 25 Zentimeter. Solche Tiere hatten im alten Stall einfach zu wenig Platz und es gab Probleme, speziell beim Karpalgelenk“, erinnert sich Josef.
Für den wirtschaftlichen Erfolg sind gesunde Euter besonders wichtig. Die systematische Bestandsbetreuung durch den NÖ Tiergesundheitsdienst schätzt Josef dabei sehr: „Je näher man beim Krankheitsausbruch ist, je besser sind die Chancen auf Heilung. Problematisch ist es bei einem Tier mit hoher Milchmenge und langem Krankheitsverlauf.“ Neben sauberen Liegeboxen, komme es in der Melkroutine darauf an, dass die Tiere mit etwas höherer Zellzahl erst am Ende gemolken werden. Das sei der Vorteil bei kleinen Betrieben, ist sich Anna sicher.

Quelle: BauernZeitung/Eva Riegler
Sie schafften es mehrfach unter die 25 besten Lieferanten. 2014 wurden sie Erster.

In diesem Zusammenhang war für sie der Besuch des „bfu-Seminars“ (Bäuerliches Familienunternehmen-Seminar) im Jahr 2003 ein echtes „Aha-Erlebnis“: „Jeder musste sich beim Kurs ein persönliches Ziel und eines für den Betrieb setzen. Ich überlegte und las in der BauernZeitung über Betriebe mit guten Keim- und Zellwerten. Dabei stellte sich heraus, dass wir weniger als die guten Betriebe hatten. Also achtete ich besonders auf Milchlagerung und Kühlung. Und im Folgejahr hatte ich schon mein Ziel erreicht und wir wurden als zweit- oder drittbester Lieferant ausgezeichnet.“
Die Milch wird jeden zweiten Tag gegen acht Uhr abgeholt, dabei erweist es sich als Vorteil, dass die frische Morgenmilch noch rechtzeitig auf vier Grad abkühlen kann und die Lagerzeit im Tank kurz gehalten wird. Eine gewisse Gleichstellung, was die Kosten der Milchabholung betrifft und die pünktliche Zahlung – auch bei schlechtem Milchpreis – schätzt Josef besonders an der Genossenschaft. Sorgen bereiten ihm besondere Qualitätsstandards, wie z. B. die Gentechnik-Freiheit, die der Handel nach kurzer Zeit als Selbstverständlichkeit betrachtete und nicht mehr entsprechend abgegolten hat.
Die Milch vom Bauernhof der Familie Naderer wurde seit der ersten Stunde an die selbe Milchgenossenschaft geliefert.
Für die Zukunft wünscht sich Josef Naderer, dass sich die Molkereien wieder stärker an die ursprungsgenossenschaftlichen Werte erinnern: „Gemeinsam lässt sich mehr erreichen, denn Konkurrenzdenken schadet allen.“
Artur Riegler

Betriebsspiegel Familie Naderer
Anna und Josef Naderer sind Eltern von vier Kindern und führen im kleinen Weinviertler Dorf Unterthern (Gemeinde Heldenberg, Bezirk Hollabrunn) auf 220 Metern Seehöhe eine Landwirtschaft mit 20 Milchkühen (Fleckvieh) und eigener Nachzucht im Vollerwerb. Die weiblichen Kälber der Zucht werden aufgezogen, die männlichen verkauft. Der 47 Hektar große Betrieb besteht aus 65 einzelnen Feldstücken, auf denen unter anderem Mais, Getreide, Feldfutter und bisher Zuckerrüben angebaut werden. Auf den Löss- und Schotterböden gedeiht außerdem auf rund zwei Hektar und einer durchschnittlichen Jahresniederschlagsmenge unter 400 Millimeter eine Weinkultur.

- Bildquellen -

  • 05 03 23 18 NO: BauernZeitung/Artur Riegler
  • 05 05 23 18 NO: Naderer
  • 05 06 23 18 NO: Naderer
  • 05 02 23 18 NO: BauernZeitung/Artur Riegler
  • 05 04 23 18 NO: BauernZeitung/Eva Riegler
  • 05 01 23 18 NO: BauernZeitung/Artur Riegler
- Werbung -
Vorheriger ArtikelSchweinemarkt KW 23-24/2018: Frühsommerhitze verknappt das Angebot
Nächster ArtikelAgrar-Terminmarktnotierungen 8. Juni 2018