Getreide- und Betriebsmittelpreise über Warenterminbörsen absichern

Die Verkaufs- und Kaufgebote können werktags zu den Handelszeiten beim Parketthandel vor Ort oder über Computersysteme aus der Ferne platziert werden. ©agrarfoto.com
Die Verkaufs- und Kaufgebote können werktags zu den Handelszeiten beim Parketthandel vor Ort oder über Computersysteme aus der Ferne platziert werden. ©agrarfoto.com
Die verstärkte Koppelung der heimischen Getreidepreise an den Weltmarkt hat in den letzten Jahren zunehmende Preisschwankungen bewirkt. Preisunterschiede am Weltmarkt von 30 Euro je Tonne oder mehr innerhalb einer Saison sind keine Seltenheit mehr (siehe Grafik weiter unten), und beeinflussen durch ihre Verbindung mit den Kassamarktpreisen auch die lokalen Vermarktungserlöse erheblich. Die Beobachtung der Weltagrarmärkte zur Identifikation günstiger Verkaufszeitpunkte und lukrativer Deckungsbeiträge wird daher immer entscheidender für den Betriebserfolg.

Warenterminbörsen und ihre Entstehung

Große Schwankungen beim Getreidepreis am Weltmarkt sind innerhalb einer Saison keine Seltenheit mehr. ©BZ
Große Schwankungen beim Getreidepreis am Weltmarkt sind innerhalb einer Saison keine Seltenheit mehr. ©BZ
Seit jeher sind Kaufleute mit ihren Waren auch überregional aktiv. Seit dem Mittelalter haben durch bessere Transportmittel die Exportaktivitäten zugenommen. Vor allem der Seetransport nahm aber im Vergleich zu heute viel mehr Zeit in Anspruch. Die Güter war neben dem Risiko des Verderbs auch erheblichen saisonalen und kurzfristigen Preisschwankungen ausgesetzt. Bei der Ankunft im Bestimmungsland konnte nach wochen- oder monatelanger Fahrtzeit die Ware im Vergleich zur Abfahrt deutlich an finanziellem Wert eingebüßt haben. Exporteure begannen deshalb schon vor der Verschiffung im Ursprungshafen, mit ihren Abnehmern Preise für den geplanten, in absehbarer Zukunft liegenden Lieferzeitpunkt zu vereinbaren. Die Preisfixierung erfolgte für unterschiedliche Güter, die stärkeren Schwankungen unterlagen vor allem aber für industrielle Rohstoffe sowie Getreide oder Ölsaaten. In den folgenden Epochen bildeten sich an Verkehrsknotenpunkten Rohstoff-Handelszentren heraus, in den USA etwa in New York oder Buffalo, in Europa in Frankfurt oder auch Wien. Die heute bedeutendste Getreidebörse der Welt wurde 1848 mit der Chicago Boards of Trade (=CBoT) an der Eisenbahnkreuzung zwischen US-Midwest und East Coast gegründet. Heute werden zwei Kategorien von Getreidebörsen unterschieden: Präsenz- und Terminbörsen.

Präsenz- und Warenterminbörsen

An Präsenzbörsen wie etwa an der Börse für landwirtschaftliche Produkte in Wien oder der Fruchtbörse Wels werden beim meist wöchentlichen oder 14-tägigen, persönlichen Treffen der Marktteilnehmer ausschließlich aktuelles, regionales Angebot und Nachfrage samt Kassamarktpreisen erfasst und veröffentlicht. Das Handelsvolumen ist dort meist überschaubar. Warenterminbörsen sind dagegen zwar ebenfalls lokal verwurzelt (z.B. Eurex in Frankfurt, MATIF in Paris), die Preisbildung unterliegt aber überregionalen Einflüssen. Grundsätzlich kann jeder mit seinen Geboten an der dortigen Preisgestaltung für die standardisierten Handelsgüter mit unterschiedlichen Lieferzeitpunkten in der Zukunft (=Terminkontrakte) teilnehmen. Die Verkaufs- und Kaufgebote können werktags zu den Handelszeiten beim Parketthandel vor Ort oder über Computersysteme aus der Ferne platziert werden. Die Kurse sind über die Webseiten der Börsen oder Datendienste laufend abrufbar. Die Saatbau Preisgut stellt hier beispielsweise in der “Saatbau-App” für Android- und iOS Smartphones kostenlos 15-minütig aktualisierte Live-Kurse zur Verfügung.

Der Handel an Warenterminbörsen

Die börsengehandelten Warenterminkontrakte besitzen standardisierte Parameter wie Menge, Qualität, Lieferzeitpunkt und Lieferort. Weizen, Mais und Rapskontrakte an der MATIF-Paris werden in 50 Tonnen-Tranchen gehandelt (Notierung immer als Nettopreis je Tonne). Jedes Jahr ist in verschiedene Liefermonate unterteilt. Weizenkontrakte werden beispielsweise in den Liefermonaten März, Mai, September und Dezember für die drei bevorstehenden Jahre gehandelt. Die Unterteilung soll sowohl Produzenten, als auch Verarbeitern die Möglichkeit geben, ihre saisonalen Warenströme abzubilden. Der Kontraktmonat September ist jener Liefermonat, der der neuen Ernte unmittelbar nachfolgt, und stellt so die Preis­erwartungen der Marktteilnehmer für das jeweilige Erntejahr dar. Für jeden Liefermonat wird durch die Handelsaktivität täglich ein Preis gebildet. Durch knappe Lagerbestände oder hohe Überlager können sich zwischen aufeinander folgenden Liefermonaten, besonders aber zwischen dem jeweils letzten alterntigen und ersten neuerntigen Kontrakt stärkere Differenzen bei den Notierungen ergeben. Alle Teilnehmer der Wertschöpfungskette können die Warenterminbörse nützen, und lukrative Preisgefüge für bevorstehende Ein- oder Verkäufe fixieren. In der nächsten Ausgabe werden die Möglichkeiten der Preisabsicherung für Landwirte erläutert.

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