Nicht am falschen Platz sparen

Interview zur Pflanzenschutz-Strategie Wintergerste

Bei der Gerste ist es wichtig, die oberen drei Blätter und die Grannen gesund zu erhalten. Das Fahnenblattstadium ist der passende Zeitpunkt zur Wahl der notwendigen Maßnahmen. ©ZVG
Bei der Gerste ist es wichtig, die oberen drei Blätter und die Grannen gesund zu erhalten. Das Fahnenblattstadium ist der passende Zeitpunkt zur Wahl der notwendigen Maßnahmen. ©ZVG
Landwirt Josef Torn bewirtschaftet einen Ackerbaubetrieb im Zentralraum Oberösterreichs. Im Gespräch mit der BauernZeitung gibt er Auskunft über seine Pflanzenschutzstrategie bei Wintergerste.

Wie schauen Ihre Bestände zu Beginn der heurigen Vegetationsperiode aus?
Josef Torn: Ich konnte im Herbst 2015 unter optimalen Bedingungen aussäen. Im Spätherbst machte ich mir sogar Sorgen, dass die Gerste zu dicht in den Winter gehen würde. Aus heutiger Sicht war dies berechtigt, da der Witterungsverlauf im Winter sehr mild war und die Bestände daher fast ständig weiter wuchsen.

Haben Sie dies in der Bestandsführung berücksichtigt?
Torn: Ich habe mit einer reduzierten Stickstoffmenge von 40 kg/ha angedüngt. Mein Ziel war, die schwachen Triebe nicht weiter zu fördern. Somit wurde der Grundstein für einen nicht überzogenen Bestand gelegt.

Herbizide – Vorteile durch Herbstanwendung

Wann haben Sie die Ungras- und Unkrautbekämpfung durchgeführt?
Torn: Seit Jahren schon geschieht dies im Herbst. Ich erreiche damit vier Dinge: Die Arbeitsspitzen im Frühjahr werden gebrochen, auf die Wirkung gegen die Gräser ist hundertprozentig Verlass, das Klettenlabkraut, eines meiner Hauptproblemunkräuter, wird verlässlich bekämpft, und die Herbstanwendung ist für die Gerste ausgezeichnet verträglich.

Welches Herbizid haben Sie eingesetzt?
Torn: Bacara Forte mit einem Liter pro Hektar.

Ihre erste Pflanzenschutzmaßnahme im Frühjahr war also die Kürzung?
Torn: Ja. Im Stadium 31/32 habe ich den Wachstumsregler Moddus eingesetzt. Ich bin überzeugt, dass die Wachstumsregulierung gerade in Jahren mit einer derart starken Entwicklung des Getreides einen wesentlichen Beitrag zur Ertragsabsicherung leistet.

Wie sieht es mit Krankheiten aus?
Torn: Ich beobachte meine Bestände intensiv. Schon Ende März konnte ich echten Mehltau feststellen. Die braunen Pusteln waren aber nur auf den älteren Blättern zu finden. Vereinzelt treten jetzt die gitterartigen Netzflecken auf. Bei einer Sorte habe ich einen stärkeren Befall mit Rhynchosporium-Blattflecken festgestellt.

Haben Sie bereits ein Fungizid gespritzt?
Torn: Nein, die erwähnten Krankheiten lagen nach meinen Bonituren noch alle unter den Bekämpfungsschwellen.

Werden Sie Fungizide einsetzen?
Torn: Das ist bei mir eine Standardmaßnahme. Anders als manche meiner Standeskollegen vertrete ich die Meinung, nicht beim Betriebsmitteleinsatz zu sparen, sondern durch einen gezielten Fungizideinsatz das Optimum an Ertrag und Qualität aus meinen Beständen herauszuholen. Im Fahnenblattstadium der Gerste werde ich entscheiden, wann genau ich die Behandlung setze.

Es läuft auf eine Einmalbehandlung hinaus?
Torn: Ja, mein Ziel ist es immer, die oberen drei Blätter und vor allem auch die Grannen lange gesund zu erhalten. Das ist bei der Gerste besonders wichtig, denn auch die Grannen haben hier einen hohen Anteil an der Assimilationsleistung.

Welches Produkt werden Sie einsetzen?
Torn: Diese Frage ist derzeit nicht ganz leicht zu beantworten. In den letzten Jahren habe ich auf die Produkte Aviator Xpro, Amistar Opti Gladio Pack oder Adexar gesetzt. Laut Aussagen von bayerischen Berufskollegen sowie Berichten in Fachmedien besteht der Verdacht, dass die Ramularia-Sprenkelkrankheit eine Resistenz gegen die Wirkstoffgruppe der Carboxamide entwickeln könnte.

Viele fungizide Wirkstoffe stammen aber aus der Gruppe der Carboxamide!
Torn: Ja genau! Ich habe mich auch bei meinem Berater im Lagerhaus erkundigt. Dieser bestätigte den Verdacht möglicher Resistenzen, meinte aber auch, dass wir in den ertragsstarken Regionen Österreichs nicht gleich das Kind mit dem Bad ausschütten sollten. Vorteilhaft ist in dieser Situation, wenn man über die ganze Fruchtfolge hinweg gezielt auf Resistenzvermeidung achtet. Auf meinem Betrieb wechsle ich deshalb jährlich die Wirkstoffe und trachte danach, Mittel aus unterschiedlichen FRAC-Klassen einzusetzen. Diese sind beispielsweise in Pflanzenschutzratgebern angeführt.

Chlorthalonil als Anti-Resistenz-Strategie

Was bedeutet das konkret für die Mittelauswahl?
Torn: Die Beratungsempfehlung in diesem Punkt lautet, den Kontaktwirkstoff Chlortahlonil in die Fungizidstrategie einzubauen. Mir ist dieser Wirkstoff beispielsweise aus dem Amistar Opti bekannt. Früher wurde er auch unter dem Namen Bravo 500 flüssig vermarktet. Aktuell heißt das Produkt Balear 720 SC. Somit werde ich zu meinen bisher verwendeten Fungiziden Aviator Xpro und Adexar einen Liter pro Hektar Balear 720 SC beimischen. Die heuer neu auf den Markt gekommen Produkte Seguris Opti Pack, Variano Xpro (in Kombination mit Balear 720 SC) und Welldone Pack sollen im Rahmen eines Praxisversuches getestet werden.

Sehen Sie den Wirkstoff Chlorthalonil als ‚Retter in der Not‘?
Torn: Der Wirkstoff wird von der Fachwelt als Resistenzbrecher gesehen. Allerdings ist es ein Kontaktwirkstoff, d. h., dass ein Belag auf dem Getreideblatt gebildet werden muss. Für Praktiker wie mich, stellt sich somit die Frage, welchen Regenmengen der Belag standhält, und welche Düsen ich bei der Ausbringung der fungiziden Tankmischung einsetzen soll. Weiters ist zu beachten, dass Balear 720 SC so wie die anderen Chlorthalonil-Produkte nur alle drei Jahre auf derselben Fläche verwendet werden darf.

Häufig wird von einem sog. Ährenknicken in der Wintergerste berichtet. Konnten Sie dies schon beobachten?
Torn: Je nach Gerstensorte ist dieses Phänomen mehr oder weniger stark ausgeprägt. Wenn die Ähren sehr schwer werden – was uns Landwirte ja freut, da wir dann einen guten Ertrag erwarten dürfen – ist es dem letzten Halmstück nicht möglich, dieses Gewicht zu tragen. Es knickt ab. Um dies zu vermeiden, verwende ich in der Tankmischung auch noch den Wachstumsregulator Cerone mit 0,4 Liter pro Hektar. Gleichzeitig reduziere ich die Aufwandmenge meiner Fungizide um bis zu 20 Prozent. Cerone verkürzt u. a. das letzte Halmstück und beugt somit einem Abknicken vor.

Reduzieren Sie auch die Aufwandmenge vom Balear 720 SC?
Torn:
Nein, da bleibe ich bei einem Liter pro Hektar.

Interview: Horst R. Kirchmayr,
Fachberater Pflanzenschutz, RWA

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