Streiten kann man lernen wie Fahrradfahren, Lesen und Schreiben, man muss es nur wollen. Nur Mut, denn für beide Seiten gibt es viel zu gewinnen. Copyright: wodicka

Sei es die Hofnachfolge, Maschinen- und Betriebskooperationen, die Erbschaft oder geplante Bauvorhaben: Wo Menschen miteinander zu tun haben, treten Konflikte auf.  Nicht immer lassen sie sich lösen. Mediation kann dabei helfen. In der BauernZeitung berichten Mediatoren über ihre Erfahrungen bei Konfliktfällen und geben Tipps.

In dieser Reihe sind bereits erschienen:

Wie die Hofübergabe gelingt

Bauen mit Nachbarn: Reden hilft

Mediation bei ungeregelter Erbschaft

Zusammeneben vor der Hofübergabe

Kooperationen: Wie die Zusammenarbeit gelingt

Der OÖ Bauernbund bietet für seine Mitglieder eine Kooperation mit Mediatoren an, die auf dem Gebiet der Landwirtschaft über besondere Qualifikation verfügen. In einem kostenlosen Erstgespräch erfährt man, wie Mediation eingesetzt werden kann. Zudem wird über Kosten und Fördermöglichkeiten gesprochen. Interessierte können beim OÖ Bauernbund einen Info-Folder anfordern.

Thema: Streiten will gelernt sein

Was macht ein gutes Miteinander auf einem Bauernhof aus? Völlige Harmonie und Übereinstimmung? Tatsächlich kommt es nicht nur auf die Gemeinsamkeiten an, sondern im Besonderen, wie mit unterschiedlicher Meinung, anderen Ansichten umgegangen wird. Dazu gehört auch schon einmal ein guter Streit. Was zählt, ist, dass man sich am Ende des Tages wieder über gemeinsame Erlebnisse freuen kann.

Konflikte fordern Menschen heraus. Viele werden bei Meinungsverschiedenheiten gestresst, impulsiv, sagen nicht selten Dinge, die sie später bereuen.
Erstmal tief durchatmen und einen kurzen Moment abwarten und sich mit folgenden Fragen gedanklich vorbereiten: „Was will ich eigentlich? Was ist tolerierbar, welche Standpunkte sind nicht verhandelbar, worüber kann diskutiert werden?“
Es klingt erstmal ungewohnt, sich in der Bauernfamilie Gesprächstermine zu vereinbaren. So bekommen jedoch alle Beteiligten eine faire Chance sich vorzubereiten. Gleichzeitig nimmt es impulsive Reaktionen besonders bei Arbeitsspitzen und Erntezeiten raus.

Acht Tipps für eine bessere Streitkultur

  • Die Forschung ist sich mittlerweile darüber einig, dass sinnvolles Streiten wertvoll ist. „Streiten ermöglicht, sich selbst und andere besser kennenzulernen, Wünsche, Gefühle und Interessen in Worte zu fassen“, schreibt die Psychoanalytikerin und langjährige Konfliktforscherin Susanne Jalka. Hier einige Erkenntnisse. Wer sie befolgt, wird künftig nicht weniger streiten, aber sinnvoller.
  • Das eigene Konfliktverhalten erkennen: Wie sah bisher ein Streit aus? Lässt man sich provozieren, leicht hinreißen, wird man laut oder geht man jeden Streit aus dem Weg und schluckt lieber alles runter?
  • Widersprechen üben: Ist man in der Lage, „Nein“ zu sagen, privat oder beruflich? Traut man sich Grenzen aufzuzeigen und „Stopp“ zu sagen? Dies so auszudrücken, dass sie nicht verletzend wirken, kann geübt werden, indem im Alltag wie beim Zeitung-lesen oder Fernsehen laut Gegenargumente ausgesprochen werden.
  • Positive „Ich-Aussagen“ treffen: In Konflikten neigen Menschen zu Formulierungen wie: „Du musst endlich…“ Nie hörst du zu…“. Besser ist: „Ich denke, ich fühle, ich wünsche, ich will, dass…“. Solche Aussagen führen zu Aufmerksamkeit und das Gegenüber wird offener.
  • Bei einem Thema bleiben: Im Streit neigen viele dazu, auf vergangene Streitsituationen zurückzugreifen. Besser ist sich auf den aktuellen Zustand zu konzentrieren und nicht mehrere Konflikte zu vermischen.
  • Aktives Zuhören üben: Aufrichtiges Zuhören bedeutet zu versuchen, den Standpunkt des Gegenübers zu verstehen. Es geht dabei aber nicht darum, den anderen Recht zu geben, sondern wirklich auf die Interessen hinzuhören.
  • Missverständnisse ausräumen: Viele Streitereien entstehen durch Missverständnisse. Zwischen Meinungsverschiedenheit und Missverständnis gibt es einen großen Unterschied. Ein Missverständnis kann durch Offenheit, Interesse und Nachfragen geklärt werden. Viel zu selten werde bedacht, dass Menschen sich schlicht irren können. Jeder Mensch hat seine Sichtweise und macht Fehler, es zeigt Stärke diese zuzugeben.
  • Es gar nicht erst zu weit kommen lassen: Jeder Streit folgt klaren Regeln. Was man dazu wissen muss. Am Beginn einer Meinungsverschiedenheit ist noch alles gut zu retten. Geht es aber nach verhärteten Konflikten nur mehr darum, sich zu behaupten, sich um jeden Preis durchzusetzen und zu zerstören gilt grundsätzlich es tunlichst nicht zu weit kommen zu lassen.

Streiten braucht Zeit und Raum: Es muss nicht immer alles gleich ausdiskutiert werden, manchmal muss man einer Sache auch Zeit geben.
Und wenn man sich doch mal Luft machen muss, werden es gute Gesprächspartner aushalten können. Vorausgesetzt man begegnet sich auf Augenhöhe. Denn ein gutes Miteinander auf einem Bauernhof ist ein wichtiges Gemeinschaftsprojekt, bei dem jeder gefordert ist.

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